Musiker, von denen ich blind Alben kaufe

Statt probezuhören, wird gleich eingetütet. Bei diesen Musikern ist es Kaufgrund genug, wenn ihr Name auf der Platte steht.

 

Früher – als das Taschengeld noch gering und die CD-Preise hoch waren – habe ich mir jede Plattenanschaffung ganz genau überlegt. 12 Mark musste man damals für eine Maxi-CD hinlegen, 30 Mark für ein Album und bis zu 50 Mark für ein Doppelalbum. Heute sieht die Welt dank günstiger Downloads und einem dem Verkaufsrückgang geschuldeten Preisverfall ganz anders aus. Musik ist billiger denn je und eine Fehlanschaffung ruiniert nicht gleich die komplette Monatsplanung. Anfang der 2000er habe ich meine ersten Blindkäufe getätigt. Statt mich in Plattenläden und Elektronikfachmärkten durch hüfthohe Stapel von CDs zu hören, habe ich mir gekauft, was von Presse und Freunden angepriesen wurde oder einfach nur interessant aussah. Viel Zeit ist seitdem vergangen und mittlerweile schaffe ich mir die Alben bestimmter Künstler regelmäßig an, ohne zu wissen, was mich auf der Platte erwartet. Ihr guter Name reicht mir meistens schon. Es folgt eine kurze Liste mit Musikern, bei denen es für mich keinerlei Werbung bedarf. Denn steht ihr Name auf dem Produkt, steht das Produkt bei mir.

 

blindkauf3The Gaslight Anthem

Erst 2012 habe ich durch die Albumveröffentlichung „Handwritten“ begonnen, mich intensiver mit The Gaslight Anthem zu beschäftigen. Brian Fallons markante Whiskey-Stimme, die melancholischen Mitsing-Refrains und die punkige Attitüde haben mich sofort in den Bann gezogen. Schnell alles von „Sink Or Swim“ bis „American Slang“ nachgeholt und anschließend jede neue Platte am Tag des Erscheinens zugelegt.

 

blindkauf2Kanye West

Okay, „The Life Of Pablo“ zu kaufen, war im Grunde unmöglich. Denn bevor ich mir einen Tidal-Account besorge, schaffe ich mir wieder ein MySpace-Profil an und hoffe, dass der Louis-Vuitton-Don sein neustes Werk auch dort zur Verfügung stellt. Doch schade ist die Veröffentlichungspolitik rund um Kanye Wests siebtes Soloalbum schon ein wenig. Alle sechs Vorgänger habe ich stark bis sehr stark gefeiert und seit dem grandiosen „The College Dropout“ eingetütet, ohne mich vorher zu überzeugen. Neben all dem Größenwahn, den die bessere Hälfte von Kim Kardashian auf Twitter und anderen Wegen heraushaut, macht er nämlich verdammt gute Musik, die ihrer Zeit zumindest voraus, wenn nicht sogar völlig zeitlos ist.

 

blindkauf4Kiss

Von den 20 bei Wikipedia genannten offiziellen Studioalben von Kiss besitze ich 14. Zugegebenermaßen könnte ich an dieser Stelle also ruhig nochmal den Amazon-Warenkorb anschieben. Die fehlenden Werke in meiner Sammlung beschränken sich fast ausschließlich auf die Schaffensphase zwischen 1983 und 1992, seit 1998 sammle ich die Veröffentlichungen der geschminkten Hard-Rock-Band rund um Gene Simmons ohne Hörprobe ein. Finanziell hat mich das nicht allzu sehr belastet, denn mit „Psycho Circus“ (1998), „Sonic Boom“ (2009) und „Monster“ (2012) fiel die Anzahl der Alben überschaubar aus.

 

blindkauf5Nas

Irgendwie hat er sich klammheimlich als einer meiner Lieblings-Rapper etabliert: 2001 „Stillmatic“ zugelegt und anschließend die vier Vorgänger samt der Genre-Klassiker „Illmatic“ und „It Was Written“ nachgeholt. Ein Jahr später bin ich mit „God’s Son“ endgültig auf Nas hängengeblieben.

 

blindkauf6Funeral For A Friend

Welch Überraschung, was? Von jedem Menschen, der eine Band seine Lieblings-Band schimpft, erwarte ich den Blindkauf ihrer Alben. Und wem verzeiht man eine verkorkste Platte denn noch am ehesten, wenn nicht den eigenen Lieblingskünstlern?

 

blindkauf7Alben des Monats

Seit 15 Jahren lese ich die Juice und seit fast 10 Jahren die Visions, meine musikalische Erziehung verdanke ich also zu einem großen Teil diesen beiden renommierten Musikmagazinen. Nach so vielen Jahren hat sich ein Urvertrauen in die jeweiligen Redaktionen entwickelt, das mich immer wieder zu Blindkäufen der von ihnen angepriesenen Platten treibt. Die Alben des Monats sind Pflicht, denn wenn beispielsweise Carsten Sandkämper sagt, dass die neue Scheibe von Cult Of Luna rockt, dann glaube ich ihm das und investiere die 5,99 Euro am Tage der Veröffentlichung mit Freude in den Download. Bisher wurde ich fast nie enttäuscht und habe zum Teil Künstler für mich entdeckt, auf die ich so nie gekommen wäre.

 

blindkauf1Deutsch-Rapper, die ihr Comeback feiern

Der Kauf von Azads Comeback-Platte „Leben 2“ war für mich das große Highlight zu Beginn dieses Jahres, Pillaths „Onkel Pillo“ oder Samson Jones „Angekommen“ konnte ich mir in der laufenden Spielzeit ebenfalls nicht entgehen lassen und sollte sich SD irgendwann entscheiden, ein neues Album aufzunehmen, werde ich den Vorbesteller-Button schneller drücken als ein Kandidat in der Schnellfragerunde einer Quiz-Show. Meine Liebe für HipHop-Musik hat sich bis heute gehalten, doch wie viele Rapper aus meiner Jugendzeit habe auch ich mich gedanklich ein Stück weit aus der deutschsprachigen Rap-Szene entfernt. Wenn die Lieblingskünstler von damals jedoch zurückkehren, spitze auch ich die Ohren. Leider zeigt sich viel zu häufig, dass die Rückkehrer nicht unbedingt hätten zurückkehren sollen.

 

blindkauf8Sonderangebote, die wie Geschenke sind

Muss der hiesige Elektronikfachhandel mal wieder die Regale für die neuen Platten von Helene Fischer und Bushido freiräumen, werden die Ladenhüter großzügig aussortiert. Und hier komme ich ins Spiel! Denn was für die ahnungslosen Angestellten beinahe schon wie Wegwerfware anmutet, sind für mich kleine Geschenke zum Spottpreis. Zuletzt habe ich im Waldkircher MediMax zugeschlagen. Für je 1 Euro konnte ich unter anderem Platten von Jack White, The Black Keys, Editors, Moby, Kalim, Pixies und Hugh Laurie mitnehmen.

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