Kurz & knapp #55: Rise Against, Mac Miller, Marseille, Good Girls…

So viele Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringen wir es daher auf den Punkt. Dieses Mal dabei: Ebony Bones, Rise Against, Mac Miller, Skeletonwitch, The Internet, Jet Black, Dave Grohl, Trippie Redd, Her‘s, Delta Sleep, Marseille, Ant-Man and the Wasp & Good Girls.

 

Ebony Boes “Nephilim”

Ebony Bones aus London ist schwarz und weiblich. Gleich zwei Merkmale, die ihr das Leben schwerer machen als dem durchschnittlichen weißen Mitteleuropäer. Auf ihrem dritten Album „Nephilim“ singt sie sich zu treibenden Drums und theatralischen Streichern die Wut darüber von der Seele. Stücke wie „Kids of Coltan“ und „Bone of My Bones Pt. 2“ klingen entsprechend angriffslustig. In ihren ruhigen Momenten erinnert Ebony Bones an Björk, in ihren lauten an eine mutmachende Kampfmaschine, die „No Black in the Union Jack“ skandiert. Ein so wichtiges wie gelungenes Album. +++ Für “The Ghost Note Symphonies, Vol. 1” haben Rise Against alte Stücke aus ihrer Diskografie in akustischer Form neu aufgenommen. Wobei alte Stücke nicht ganz richtig ist. Vier der Zehn Lieder stammen von „Wolves“ aus dem Jahre 2017. Mit „Like The Angles“, „Savior“ und „Audience of One“ haben sich aber auch Fanfavoriten von früher auf die Platte geschlichen. „The Ghost Note Symphonies“ funktioniert, weil Tim McIlraths Stimme viel kann und durch das Konzept in den Mittelpunkt rückt. Bleibt für „Vol. 2“ nur zu hoffen, dass mehr Bandklassiker ihren Weg in die Tracklist finden. +++ Mac Millers Trennung von Langzeitfreundin Ariana Grande zieht sich wie ein roter Faden durch sein fünftes Studioalbum „Swimming“. Nicht, weil er die Beziehung mit Abrechnungssongs medienwirksam ausschlachtet, sondern weil die Platte nach wohltuendem Neuanfang klingt. Ob funky wie in „Ladders“ oder orchestral wie „2009“ – der Name Ariana Grande fällt nicht einmal. Stattdessen beschäftigt sich der Pittsburgher mit sich selbst, um daraus mentale Stärke zu ziehen. Mac Miller konnte seine Songwriter-Qualitäten noch einmal steigern, hinkt stimmlich jedoch hinterher. Trotzdem ist „Swimming“ das bisher kohärenteste Album des Rappers.

 

Skeletonwitch “Devouring Radiant Light”

Adam Clemans darf als Nachfolger von Chance Garnette erstmals auf Albumlänge erfolgreich growlen. Ansonsten fällt auf Skeletonwitchs sechster Studioplatte „Devouring Radiant Light“ alles wie gehabt aus. In einer Mischung aus Death und Thrash Metal brettert die Band aus Ohio durch acht Songs, denen die Spielfreude stets anzuhören ist. Albumhighlight ist das fast neunminütige „The Vault“, das sich trotz seiner Sperrigkeit zum unwiderstehlichen Ohrwurm entwickelt. +++ Die Band mit dem ungooglebaren Namen hat ihr viertes Studioalbum „Hive Mind“ veröffentlicht. Und darauf spielen The Internet Funk und R’n’B, der so organisch klingt wie auf keiner ihrer Platten zuvor. Was früher simple Loop-Schemata erledigten, geht hier in einem komplexen Sound auf, der von fünf gereiften Musiker getragen wird. Über allem steht das Talent von Frontfrau Syd Bennett, die mit ihren Songwriter- und Gesangsfähigkeiten die gute Seele der Band verkörpert. +++ Die vier Kanadier von Jet Black verbinden auf ihrer zweiten Langspielplatte „L’Ère du Vide“ schweren Alternative Rock mit sphärischen Shoegaze-Passagen. Bestes Beispiel hierfür ist der Album-Closer „Temporary State“, der eine Wand aus verzerrten Gitarren auf eine verführerische Melodie loslässt. Über alldem liegt die Stimme des Sängers, die sich herrlich gelangweilt mit der vollflächigen Instrumentierung misst. Musik für Menschen, die beim Post-Rock den Gesang vermissen. +++ Dave Grohl hat sich eine Auszeit von den Foo Fighters genommen und mit „Play“ einen 23-minütigen Instrumental-Track aufgenommen. Spannend ist aber nicht die Musik, sondern der dazugehörige Kurzfilm, der den Sympathikus bei den Aufnahmen zeigt. Alle sieben Instrumente spielte Grohl selbst ein und beweist damit, was für einen riesigen Bock er nach einer fast 40-jährigen Karriere noch immer auf Musik hat.

 

Trippie Redd “Life’s A Trip”

Trippie Redd – Rockstar im Körper eines Rappers – hat mit „Life’s A Trip“ ein von Melancholie und Melodien durchtränktes Debütalbum veröffentlicht. Was erst einmal interessant klingt, begeistert leider nur bei den Hits „Together“ und „Wish“. Die restlichen zwölf Stücke wirken im besten Falle unausgegoren und im schlimmsten langweilig. Große Songs hat der 19-Jährige nicht geschrieben. Hoffnung für zukünftige Projekte besteht trotzdem, da Trippie Redds Vortrag von Lallen bis Rappen tatsächlich abwechslungsreich ausfällt. +++ Das Liverpooler Duo Her’s präsentiert sich auf seinem Debütalbum „Invitation to Her’s“ als verspielte Rockband, die sich vom Pop aus einer längst vergangenen Zeit inspirieren ließ. Das fällt mal sonnig, mal verspielt und durch den beschwingten Klang immer leichtfüßig aus. Inhaltlich beschäftigt sich die Gruppe mit falschen Männlichkeitsbildern („Low Beam“) und ganz besonderen Callgirls („Love On The Line (Call Now)“). Damit hat „Invitation to Her’s“ einiges zu bieten, funktioniert aber auch – und das ist nicht böse gemeint – als Hintergrundbeschallung. +++ Kaum zu glauben, dass sich Delta Sleep auf „Ghost City“ mit der Unterwerfung der Menschen durch Technik beschäftigen. Handzahm klingt die Platte, bricht nur selten aus ihrem melancholisch-seichtem Grundton aus. Wer nicht auf die Texte von Sänger Devin Yuceil hört, kann sich in einem durchdachten, aber ebenso poppigen Indie-Rock verlieren. Das sollte aber niemand tun, denn die Texte machen 50 Prozent des Reizes aus. Zynismus ist auf „Ghost City“ die Antwort auf das Böse. Das kann zwar keine Lösung sein, ist im Laufe dieser halben Stunde aber Balsam für die Seele.

 

Ant-Man and the Wasp

Auch die zweite Staffel von Marseille ist nichts anderes als „Game of Thrones“ in einem Großstadtrathaus. Die Figuren rund um Robert Taro, der von einem nach Bluthochdruck schreiendem Gérard Depardieu gespielt wird, wirken charismatisch und ziehen im Vergleich zur ersten Staffel einen dickeren Trennstrich zwischen Gut und Böse. Nach wie vor nimmt aber die südfranzösische Hafenstadt die Hauptrolle ein, die dank atemberaubender Luftaufnahmen Lust auf einen Urlaub am Golfe du Lion macht. Wer kein Französisch beherrscht, muss die an Atmosphäre einbüßende deutsche Synchronisation in Kauf nehmen. Trotzdem bleibt „Marseille“ eine gelungene europäische Alternative zu den US-amerikanischen Dramaserien. +++ Hank Pym und seine Tochter Hope arbeiten an einer Lösung, um den subatomaren Raum zu betreten, weil sie dort Hanks verschollene Frau Janet vermuten. Scott Lang, der bereits im ersten Teil von „Ant-Man“ mit dem subatomaren Raum in Berührung kam, möchte seinem Hausarrest zum Trotz helfen. Was 2015 funktioniert hat, treibt Ant-Man and the Wasp auf die Spitze. Humor und Action basieren fast immer auf den übermenschlichen Fähigkeiten der Hauptfiguren. Dabei bricht der Film selten aus dem Superheldeneinheitsbrei aus, macht aber dennoch Spaß, da es nach dem schwermütigen „Avengers: Infinity War“ ausnahmsweise nicht um die Rettung der Welt geht. Die Beziehung zwischen Scott und Tochter Cassie gibt der Geschichte zudem emotionale Tiefe. Mit „Ant-Man and the Wasp“ können strapazierte MCU-Fans wieder Luft holen. +++ Der Vergleich mit „Breaking Bad“ ist naheliegend: Die Netflix-Serie Good Girls erzählt die Geschichte von drei gutbürgerlichen Frauen, die sich aufgrund ihrer Geldprobleme mit der Unterwelt einlassen. Wirklich glaubhaft fallen die Entscheidungen der Protagonistinnen nicht aus. Das ändert aber nichts an dem Spaß, den die Hauptdarstellerinnen Christina Hendricks, Mae Whitman und Stand-Up-Comedian Retta machen. Alleine ihre Leistungen tragen die zehn Episoden. Eine zweite Staffel hat der Streaming-Dienst bereits bestätigt.

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