Von PlayStations und Memory Cards: Weihnachten 2001

Nachdem ich die Neunzigerjahre ohne Freundin, dafür aber heiß und innig mit einer PlayStation verbracht habe, bekam ich 2001 das wohl coolste Weihnachtsgeschenk, das sich ein Heranwachsender mit Vorliebe für Unterhaltungselektronik wünschen könnte: Nein, keinen Pipi-Max, sondern eine PlayStation 2! Doch dieses scheinbar ultimative Geschenk am 24. Dezember auszupacken, war – zumindest für mich – Segen und Fluch zugleich.

 

Als die PlayStation 2 ziemlich genau ein Jahr zuvor in Europa auf den Markt kam (mit einem Launchpreis von 869 DM!!!), schlug sie ein wie die Faust von Bud Spencer. Bis heute verkaufte Sony von seiner bisher erfolgreichsten Spielkonsole circa 150 Millionen Einheiten. Selbstverständlich konnte auch ich nach den unzähligen wunderschönen Stunden mit der ersten Generation der Konsole nicht auf den Nachfolger verzichten. Eine PlayStation 2 musste her. Und welcher Zeitpunkt zur Anschaffung wäre für einen chronisch klammen Jugendlichen besser geeignet gewesen, als das Fest mit den pappigen Lebkuchen und Coca-Cola-Maskottchen?!

 

Mein Wunsch wurde erhört und ich am 24. Dezember 2001 stolzer Besitzer einer brandneuen PlayStation 2. Nicht nur die fortschrittlichste Spielkonsole, nein, auch der erste DVD-Player, den ich mein Eigen nennen durfte. Ich hätte bei all den virtuellen Möglichkeiten, die ich von da an hatte, nicht glücklicher sein können. Halt, stopp!!! Was bringt mir eine scheiß PlayStation 2 an Heiligabend, wenn ich nicht gleich ein passendes Videospiel dazu geschenkt bekomme? Genau, exakt gar nichts. Wie der alte angeleinte Jagdhund, dem man einen dicken, fetten Knochen vor die Nase hält, sabberte ich in den kommenden Tagen den kompletten Wohnzimmerteppich voll. Immer mit dem Wissen im Hinterkopf, dass ich noch Heiligabend, den ersten und den zweiten Weihnachtsfeiertag überstehen musste, stopfte ich mich mit rund 50.000 Kalorien in Form von Weihnachtsplätzchen und Festtagsessen voll. Und dann, nach 72 Stunden unruhigen Wartens, war es mir endlich möglich, in den hiesigen Elektronikmarkt zu stürmen, um mir vom pünktlich überwiesenen Weihnachtsgeld meiner Omas ein Videospiel der Begierde zuzulegen.

 

Doch mit dem Kauf eines Spiels war es selbstverständlich nicht getan. Was bringt es dem engagierten Controllerhalter, wenn man Stunden von Spielfortschritt, dutzende freigespielte Items und atemberaubende Highscores nicht speichern kann?! Vor rund zehn Jahren war eine integrierte Festplatte im Konsolensegment so utopisch wie fliegende Skateboards. Damals hielt man seine Spielstände – zumindest als PlayStation-Besitzer – auf einer Memory Card fest. Ja, mit übergroßen SD-Karten, die separat gekauft werden mussten. Ich kann meinen Eltern nicht dafür böse sein, dass sie nicht an eine passende SD-… äh… Memory Card gedacht haben. It doesn’t matter. Trotzdem musste eine Karte her. Die Eltern manch anderer glücklich Beschenkter waren leider etwas pfiffiger und tüteten die Memory Card fleißig ein. Denn der oben erwähnte Elektronikmarkt hatte so kurz nach Weihnachten keine Karten mehr im Sortiment. Frei nach der High-School-Schönheit, die vom maskierten Serienkiller gelyncht wird: „Neeeeeeeeeeiiiiiiiin!“

 

Die Wartezeit ging also auch am 27.12. weiter. Zocken war zwar drin, aber um die großen Spielerfolge ging es nicht. So, und jetzt sagt noch einer, dass Vorfreude die schönste Freude im Leben sei. Standrechtlich erschießen sollte man derartig blöde Schwätzer! In diesem Sinne: Bald ist erster Advent und der Wunschzettel muss erneut geschrieben werden…

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