Tocotronic auf dem ZMF: Liebe statt Hass auf Freiburg

4.7.2015 - Freiburg, ZMF

Auch wenn der Großteil der Zuschauer mit dem Fahrrad zum ZMF auf dem Festivalgelände am Mundenhof angereist ist, lag statt Hass Liebe in der Luft. Gut so, denn beim Tocotronic-Konzert am 4. Juli befand sich die ausgelassene Sommerstimmung gefühlt auf ihrem Zenit.

 

 

Nachdem ich bereits über das großartige Konzert von Turbostaat und den Donots beim Zelt-Musik-Festival 2015 berichtet habe, ist nun das nächste große Popmusik-Highlight des ZMFs an der Reihe. Tocotronic spielten am 4. Juli auf dem Festivalgelände am Mundenhof eine Show, die wieder einmal zeigte, dass die Band mit ihren parolenbehafteten Songs, die jedoch niemals platt sind, dafür aber jede Menge Stilsicherheit beweisen, alles richtig machen. Diese mittlerweile nicht mehr jugendlich anmutenden Herren sind nach 22 aktiven Jahren und 11 Studioalben immer noch für so viel Zuspruch seitens ihrer Gäste dankbar, dass sie gemeinsam mit ihnen ihr neues Album, das die Schönheit eines Sommerabends damals in der Jugendzeit einfängt, ausgiebig feierten.

 

Mit dem „Prolog“ ihrer aktuellen Platten wärmten Tocotronic sich und ihr Publikum auf, das jedoch nicht lange brauchte, um die Körper in Bewegung zu bringen. Es war heiß im großen Zirkuszelt des ZMFs, der Schweiß floss und machte schnell klar, dass eine kühle Nachtdusche oder – noch besser – ein Sprung in den nächstgelegenen Baggersee unvermeidlich ist. Tocotronic können auf Platte die schönste Lethargie seit Erfindung des Mittagsschlafes verbreiten. Auf der Bühne schalten die Wahlhamburger aber in den Spektakelmodus, malträtieren das Schlagzeug, gönnen sich wildes Gitarrengeschwinge und steigern die Stimmen bei besonders wichtigen Textzeilen bis ins Aggressive hinein. Das steckte auch beim ZMF an.

 

 

Natürlich spielten Tocotronic jede Menge Stücke ihres neuen nach ihnen benannten Albums (oder wahlweise auch „Das rote Album“ genannt). „Rebel Boy“, „Jungfernfahrt“, „Zucker“ oder „Die Erwachsenen“ wurden ebenso durch die Boxen des Zeltes gejagt wie auch alte Stücke aus dem mittlerweile verdammt reichhaltigen Backkatalog der Band. Kleine Hits wie „Digital ist besser“, „Jackpot“ oder „Pure Vernunft darf niemals siegen“ wurden dem für jedes Lied dankbaren Publikum zwar nicht präsentiert, dafür aber Lieblinge wie „Let There Be Rock“, „This Boy Is Tocotronic“ oder „Mein Ruin“. Die vom eigentlich kräftezehrenden 40-Grad-Tag scheinbar überhaupt nicht müden Zuschauer tanzten, sangen und jubelten bis Tocotronic von den vielen Verneigungen Schwindelanfälle hätten bekommen müssen.

 

Und ein Song durfte bei einem Konzert in der Breisgau-Metropole natürlich nicht fehlen: „Das Stück ist jetzt 22 Jahre alt. Es ist einen bestimmten Weg gegangen, ein paar Leute kennen es – insofern hatte es mit Sicherheit einen gewissen Einfluss“, äußerte sich Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow im Rahmen eines Interviews mit dem Freiburger Studentenmagazin fudder zum Song „Freiburg“. Dieser wurde dann auch am Abend des Konzertes genüsslich ausgespielt und vom Publikum frenetisch gefeiert und mitgesungen. „Ich weiß nicht wieso ich Euch so hasse, Fahrradfahrer dieser Stadt“, welche 200.000-Einwohner-Stadt hat schon so ein Stück Musik spendiert bekommen? Das Freiburger Publikum war hellauf begeistert und forderte unter fast schon tobendem Applaus zwei Zugaben ein. Die vier Musiker kosteten diesen Jubel minutenlang aus, boten die geforderten Extrastücke dennoch mit dieser sichtbar sympathischen Dankbarkeit dar. Ein voller Erfolg. Sowohl auf als auch vor der Bühne!

 

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