Review: Cro – tru.

Knapp drei Monate sind seit der Veröffentlichung von “tru.” vergangen. Genug Zeit, damit sich Cros drittes Studioalbum setzen konnte. Wir haben noch einmal reingehört, um unseren Ersteindruck zu prüfen.

 

Rückblende: Im Februar 2011 veröffentlichte Cro in Eigenregie das Mixtape “Meine Musik”. Orsons-Viertel Kaas wurde auf den damals 21-Jährige aufmerksam und vermittelte ihn an Chimperator Productions. Neun Monate später erschien das Musikvideo zum Song „Easy“. Was dann geschah, verfolgte ganz Deutschland: Platin- und Goldplatten, ausverkaufte Touren, Modekollektionen und ein Film in Zusammenarbeit mit Til Schweiger. Heute ist Cro 27 Jahre alt, trägt noch immer eine Pandamaske, die von Anfang an seine Privatsphäre schützen sollte, und befindet sich musikalisch an einem Scheideweg.

 

Am 8. September 2017 erschien Cros drittes Studioalbum „tru.“, dem mit „baum“ und „unendlichkeit“ zwei Videoauskopplungen vorausgingen, die kapitelbeendender nicht sein konnten. „Ich kann geh’n, ich hab’ alles geseh’n“, heißt es in „baum“. Wohin es gehen soll, erklärt Cro auf „unendlichkeit“: „Die Welt ist nicht genug, ich halt’ den Finger Richtung Mars!“ Pessimistische Fans spekulierten, ob hier jemand sein Karriereende ankündigt. Optimistische Fans freuten sich über eine Demaskierung. Eingetreten ist nichts davon. Was „tru.“ hingegen zeigt, ist eine Sound-Veränderung, die Cros Musik verdammt gutsteht.

 

Mehr Substanz

 

Schon die angesprochenen Singles haben nichts mit den simpel strukturierten Pophymnen früherer Zeiten zu tun, die nicht über das Anpreisen eines hedonistischen Lebensstils hinauskamen. „baum“ lässt sich nicht in gängige Strophe-Refrain-Muster quetschen und „unendlichkeit“ ist die Bestandsaufnahme eines Musikers, der (fast) alles erreicht hat. Diese Stimmung zieht sich durch das komplette Album. Zwar werden noch zuhauf leichtere Themen angesprochen, doch auf den schnellen Hit ist Cro nicht mehr aus. Mehr Substanz und mehr Musikalität haben die von Indie-Rock beeinflussten Ohrwurm-Hooks verdrängt.

 

Cro erinnert sich zurück, wird sich der Vergänglichkeit seines Ruhms bewusst und konzentriert sich auf Dinge, die wirklich wichtig sind. Er spricht seine Eltern mehrmals direkt an, entschuldigt sich, dass auf ihn nicht immer Verlass war. Wer jetzt glaubt, Cro hat es verlernt, das Leben zu genießen, muss sich keine Sorgen machen. Noch immer findet er das Leben großartig („fkngrt“) und feiert seine persönliche Version von Hangover („todas“). Das sind halt nur nicht mehr die alles bestimmenden Themen auf einem Cro Album im Jahre 2017. Trotz oder gerade dank dieser neugewonnenen Experimentierfreude wirkt Cro noch entspannter, als er es sowieso schon war.

 

Qualität statt Zugänglichkeit

 

Auch der Wunsch nach einer Frau an seiner Seite lässt ihn nicht los, weshalb die potenziellen und unerreichbaren Partnerinnen zur Genüge besungen werden. Mit dem knapp 13-minütigen „computiful“ ändert sich ab der Albumhälfte die inhaltliche Ausrichtung. Cro und die Frauen stehen fortan im Mittelpunkt. Er modelliert sich eine Traumfrau („no. 105“), verarbeitet eine Trennung („noch da“), himmelt ein Covergirl an („paperdream“) und stellt seinen Umgang mit der Damenwelt auf „0711“ schlussendlich selbst in Frage: „Und ich frag’ mich, bin ich schlecht, weil ich ‘n Mädchen nicht text’ / und weil sie’n bisschen blöd ist / Und es dann doch tu’, weil sie schön ist?“

 

„tru.“ ist soundtechnisch verspielt, bietet dem Hörer viel Raum für Entdeckungen, die es früher nicht gegeben hätte. Mit der neu erreichten Qualität schwindet aber auch ein Stück der Zugänglichkeit. Die 17 Songs (plus drei Lieder in der Deluxe-Edition) müssen sich Hörer, die leicht verdauliche Drei-Minuten-Stücke erwarten, erst einmal erarbeiten. Cro steht vor einem neuen Kapitel seiner Karriere. Wohin die Reise gehen wird, weiß er womöglich selbst noch nicht. Auf dem finalen Stück „2kx“ hält er sich zumindest ein Hintertürchen zurück in die alte Welt offen: „Ich glaub’, dass man nur überlebt / Wenn man den Rückweg nicht vergisst!“

 

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