Review: Dexter – Haare nice, Socken fly

Dexter hat auf seiner neuen Platte die „Haare nice“ und die „Socken fly“. Ist die Transformation vom Hobby- zum Vollzeit-Rapper damit geglückt?

 

Selbst Rap-Fans, die sich für die populäreren Spielarten des Raps interessieren, stehen auf Dexter, ohne seinen Namen je gehört zu haben. Denn was der gebürtige Heilbronner in Sachen HipHop-Beats auf die Beine stellt, ist Gold wert. Casper und Cro können ein Lied davon rappen. Die Produktionen des Wahlstuttgarters werden in der HipHop-Szene geschätzt und an Qualitätskünstler wie Audio88 & Yassin, Hiob & Dilemma, Roger & Schu oder Sonne RA weitergegeben. Hörer, die ihn deshalb vornehmlich als Produzenten sehen, werden mit „Haare nice, Socken fly“ eines Besseren belehrt, denn Dexter greift hier auf Albumlänge zum Mikrofon.

 

Dexter beherrscht simple, aber zeitgemäße Flows. Ob lässig hingerotzt oder Trap-beeinflusst – er macht es einfach. Die Texte sind ebenso simpel gestrickt und drehen sich in der Regel um Nonsens. Er geht mit seinen Ladys und Homies Nüsse, regt sich über die Getränkewahl der anderen auf und hört nicht zu, wenn man ihn fragt. Unbeschwerte Lifestyle-Themen und angriffslustiger Rap-Sprech halt. „Ich sag in Halbsätzen bessere Dinge als dein Favorite-Rapper in seinen Reimketten“, steigt Dexter entsprechend provokant im Opener „Dexy, wo bist du?“ ein. Dennoch hat man das alles bereits nach dem ersten Hördurchgang verstanden. Und das hat weniger mit Anspruchslosigkeit und mehr mit unbestreitbarem Style-Fetischismus zu tun.

 

Die Welt des praktizierenden Kinderarztes spielt sich zwischen Familie und Beatbasteln ab. Die Prioritäten weiß er trotzdem zu setzen: „Andere Rapper haben nur Zeit für ihren Promoplan, ich nur für meinen Sohnemann.“ Das eine Drittel der Betty Ford Boys spielt lässig und gechillt auf. Keine Hektik, denn die Musik macht sich sowieso von allein. Zumindest erweckt Dexter diesen Eindruck mit „Haare nice, Socken fly“. Von altersbedingter Verbissenheit ist bei dem Mittdreißiger nichts zu spüren. Wie selbstverständlich rappt er sowohl an der Seite eines Retrogotts als auch an der eines halb so alten LGoonys.

 

Keineswegs überraschend sind die Beats über jeden Zweifel erhaben. Trotz einiger Produzenten-Gastspiele von unter anderem Minhtendo, Fid Mella und Brenk Sinatra hat Dexter die Instrumentals durchgängig mit seiner Handschrift geprägt. Jazzige Samples, atmosphärische Soundflächen und Drum-Patterns, in denen mehr als nur öde Bummtschack-Wechsel stattfinden. Dexter verfolgt einen klassischen Ansatz ohne den Zeitgeist aus den Augen zu verlieren. Da lässt sich sogar ein von der Szene sonst so abgeschotteter Ahzumjot auf ein Feature ein. „Haare nice, Socken fly“ ist dank der qualitativ hochwertigen Beats und des Verzichts auf zwanghaftes Durchdenken der Lyrics einer der entspanntesten Beiträge zum Deutschrap-Sommer 2017.

 

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