Moop Mama auf dem ZMF: LSD im Babybrei

25.6.2016 - Freiburg, ZMF

Sieben Bläser, zwei Perkussionisten und einen Rapper braucht es, um den MoopMotor in Gang zu bringen: Die Besucher des Freiburger Zelt-Musik-Festivals konnten sich am 25. Juli selbst davon überzeugen. Als großen Double-Feature-Bonus gab es eine „beswingte“ Show von Les Yeux d’la Tête.

 

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Les Yeux d’la Tête

Da stand er nun auf der Bühne des Zirkuszeltes und fragte das Publikum mit starkem französischen Akzent: „Kennen Sie Paris?“ Sänger und Gitarrist Guillaume Jousselin hat seinem jungen Publikum auf dem Zelt-Musik-Festival sicherlich geglaubt, als diese jubelnd reagierten. Weitere Kommunikation, die oft nicht mehr als sympathische Versuche waren, fand zwischen der sechsköpfigen Band Les Yeux d’la Tête auf Englisch und Deutsch, jedoch hauptsächlich auf Französisch statt. „I Don’t Speak English“ heißt nicht umsonst eines der neueren Stücke der Band, deren Booking-Agentur die Musik als eine Mischung aus Sinti-Swing, französischem Chanson, poetischem Punk und Jazz bezeichnet. Hauptsache es bringt nicht nur den Körper von Jousselin in Bewegung, der an diesem Abend mit einem sexy Hüftschwung überzeugte, der selbst Ricky Martin in Wallungen bringen würde. Doch das französische Sommer-Feeling wurde mit einer Erinnerung an die Ereignisse rund um den letztjährigen Anschlag auf das Bataclan unterbrochen, nur um klar und deutlich zu machen, dass Liebe immer stärker sein würde: „Dance for freedom!“ Den Abschluss dieser erquickenden Show und damit auch der letzten dieses Jahres in Deutschland läuteten Les Yeux d’la Tête nach einer guten Stunde mit „Liberté chérie“ ein. Die Jungs bewiesen mal wieder, dass es live kaum eine sicherere Abgehgarantie als mit Klezmer angehauchter Musik gibt. Ein Wunder, dass sich das noch nicht flächendeckend im Mainstream durchgesetzt hat.

 

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Moop Mama

In der mit Eins Zwo beschallten Umbauphase wurden die verschiebbaren Bühnenpodeste mit den nicht tragbaren Instrumenten einfach ausgetauscht, wodurch die Verschnaufpause für das warmgetanzte Publikum nicht länger als fünfzehn Minuten dauerte. In drei riesige Banner aufgeteilt, hing der „MoopMotor“, das Logo der Münchner Brassband Moop Mama, über der Bühne. Angetrieben durch immer wieder aufkommende „Moop“-Rufe der Fans, die klangen wie das Gegenstück zu den Kampfschreien von König Leonidas 300-köpfiger Armee, kamen Rapper Keno und seine neun Mitmusiker innerhalb der rund 90-minütigen Show nicht ins Stoppen. In auffallenden, farblich auf Rot abgestimmten Outfits, wuselten der Sänger, die sieben Bläser und die zweiköpfige Percussion-Sektion wie ein Ameisenhaufen über die für sie räumlich knapp werdende Bühne. Immer wieder nahmen sie sich für lange Instrumental-Passagen und Solos Zeit. Die Sorge, die Anwesenden hätten ihre komplette Kraft bereits bei Les Yeux d’la Tête gelassen, musste Rapper Keno, der sich mit Megaphon bewaffnet Gehör verschaffte, nicht haben. Im Gegenteil: Zu „Elefant“ stampfte das Zirkuszelt wie eine aufgescheuchte Herde der grauen Rüsseltiere im Takt mit. Keno nutzte den kompletten Raum, den ihm die Bühne des Zeltes bot, verlagerte seine Performance später sogar direkt ins Publikum. Gemeinsam mit Sousaphonist Peter Laib tänzelte er über die Stage, imitierte mit ihm Scratch-Sounds und gab vor jedem Song eine herrlich an den Haaren herbeigezogene Überleitung nach der anderen ab.

 

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Moop Mama

„Schließt die Augen und stellt euch vor, ihr seid fünf Jahre alt und jemand hätte euch LSD in den Babybrei gemischt“, stachelte Keno seine Gäste an, damit diese das anschließende „Alle Blumen“ so richtig fühlen konnten. Zeit für Erholung oder kühle Getränke war danach jedoch nicht. Denn auch ohne die Unterstützung von Flo Mega ging der Schweißverlust des Publikums mit „Insel“ weiter. Noch vor zwei Monaten tourten Moop Mama mit dem Fahrrad durch Deutschland. Für „Die Erfindung des Rades“ ließ es sich Keno daher nicht nehmen, mit seinem BMX ein paar Runden auf der Bühne zu drehen. War ja so nicht schon zu wenig Platz für das „Urban Brass“-Spektakel, das 2009 von Saxophonist Marcus Kesselbauer erstmals initiiert wurde. Das im Innenraum komplett gefüllte Zirkuszelt bejubelte jeden Song, als hätte die Black Dyke Band ein HipHop-Album aufgenommen und würde nun in Freiburg Premiere feiern. „Herr der Lage“, „Face Dance“ oder „Roboter“ – jeder Song brachte die Arme und Beine in Bewegung. Moop Mamas lebensbejahende Gute-Laune-Message war da nur die Kirsche auf der Torte, von der auch Tourbegleiter Heft kosten durfte. Dieser animierte mit einer Tanzkostprobe erst seine Arbeitgeber und anschließend das Publikum, um noch ein letztes Mal bei „Alle Kinder“ abzugehen.

 

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