Mein USA-Tagebuch: Los Angeles (Teil 6)
Im September 2016 bin ich drei Wochen durch die USA gereist: Burlingame, San Francisco, Santa Cruz, Monterey, Pismo Beach, Los Angeles, Hawaii, New York. In meinem USA-Tagebuch erzähle und zeige ich euch, was ich alles erlebt habe. Von Segnungen in hawaiianischen Sandwichläden bis zu 163-Dollar-Rechnungen in New Yorker Sportkneipen lasse ich nichts aus – jeden Samstag gibt es eine neue Ausgabe meines USA-Reiseberichts!
Meinen Morgen in Pismo Beach startete ich mit einer Jogging-Runde durch das Wohngebiet Toucan Terrace. Schicke Einfamilienhäuser reihen sich hier aneinander, deren Einfahrten größer sind als so manche Gärten. Vor allem größer als die Gärten im Stadtteil Downtown. Denn was mich an diesem kalifornischen Städtchen wieder einmal abstieß, aber auch ein Stück weit faszinierte, ist die strikte Trennung zwischen Arm und Reich. Auf der einen Seite leben die gutsituierten Weißen in sauberen und großzügig angelegten Wohngebieten, auf der anderen Seite die vom Leben nicht mit Wohlstand bedachte Unterschicht in Bruchbuden und Baracken. Getrennt von einem breiten Highway, der klar aufzeigt, wo hier die Grenzen sind. Das macht aber alles nichts, denn in den USA ist die Welt trotzdem in Ordnung. Beim anschließenden Frühstück habe ich nämlich nicht nur in Form von Waffeln, Bagels und Rührei meinen Tagesbedarf an Kalorien gedeckt, sondern auch festgestellt, dass die Froot Loops hier noch ein bisschen bunter sind als im Rest der Welt.
Ein komatöser Verdauungsschlaf war aber leider nicht mehr drin, da 1.) in allen auf dieser Reise besuchten Hotels um 11 Uhr das Auschecken auf dem Programm stand und 2.) Los Angeles rief. Leider stellte sich das Tanken mit Kreditkarte als nicht so einfach heraus, da der Automat eine Postleitzahl von mir verlangte. Mit meiner Freiburger PLZ konnte er nix anfangen. Schade. Dann halt doch im Tankstellenhäuschen direkt bei der – dank meiner Problemschilderung leicht verwirrten – Dame bezahlen. Womöglich schalten Menschen, denen ich Sachverhalte mit der Einleitung „In Germany…“ erläutere, gleich auf Durchzug. Egal, mein Benzin habe ich bekommen und die Reise durchs Cowboy-Land nach Los Angeles konnte beginnen. Kurz vor L.A. ging das Verkehrschaos los. Zumindest sah es auf den zehnspurigen Highways, die randvoll mit Autos gefüllt sind, immer so aus, wenn ich sie in Filmen und Serien gesehen habe. In Wahrheit ist dieses vermeintliche Wirrwarr jedoch leichter zu bewältigen als die Kreisverkehrsorgien an den Ortseinfahrten deutscher Kleinstädte.
Am späten Nachmittag kam ich bei meinem Hotel an, das direkt an der Grenze zwischen Inglewood und Hawthorne steht. Ein wenig geflasht war ich schon, da alles aussah wie in „Boyz n the Hood“ oder „Menace 2 Society“. Ein wenig ängstlich aber auch. Hier bewachte ein Security-Mann den Parkplatz, die Fenster waren vergittert, die Stimmung nahm ich insgesamt als angespannt war. Der ursprüngliche Plan sah vor, dass ich die Gegend zu Fuß erkunde und mir irgendwo ein leckeres Abendessen suche. Auf Empfehlungen von Ortskundigen entschied ich mich aber gegen eine Wanderung durch die Gegend, in der Rapper wie Mack 10 und Kurupt geboren wurden und gewirkt haben: „It’s a Sunday a gun day / rollin’ down a one way“. Womöglich völlig haltlos, beschloss ich aus Sicherheitsgründen das Auto zu nehmen und Manhatten Beach anzusteuern. Dort leben Johnny Depp und Tara Reid. High Society und nicht irgendwelche brutalen Gangsta-Rapper. Da schmeckt sicherlich auch das Abendessen besser.
In Manhattan Beach wurde „O.C., California“ gedreht und so ein bisschen habe ich mich wie Ryan und Seth gefühlt, als ich in der Abendsonne auf dem weißen Sandstrand vorbei an Baywatch-Rettungsschwimmerhäuschen schlenderte. Geiles Essen habe ich mir vor Ort aber doch nicht reingepfiffen. Stattdessen gab es Bier und Fertiggerichte aus dem Inglewooder Walmart, die ich im Hotel zu Wiederholungen von „The Rap Game“ konsumierte. Zum Glück gibt es in den USA in jedem noch so kleinen Hotelzimmer eine Mikrowelle. Mein Gangsta-Gefühl zwei Straßen entfernt vom legendären Crenshaw Boulevard Käsebällchen zu essen, konnte mir auch Jermaine Dupri nicht ruinieren. Nach dem Essen übte ich per Sprung vom Sessel aufs Bett ein paar Elbow Drops. Man weiß in so einer gefährlichen Gegend ja nie, ob man in eine Schlägerei gerät. Ins Schwitzen kam ich dabei nicht, denn in Kalifornien beherrschen Klimaanlagen alle geschlossenen Räume. Öffentliche Gebäude werden runtergekühlt als wären sie Antarktis-Simulatoren und Autos verkommen zu fahrenden Kühlschränken.
Am nächsten Morgen verzichtete ich auf eine Jogging-Runde durchs Gangland. Und während ich noch beim Frühstück darüber nachdachte, wie abgefahren und sensationsgeil ich daheim von meiner Zeit in Hawthorne bzw. Inglewood, die nur sieben Meilen vom Zentrum Comptons entfernt sind, berichten werde, setzte die Vorfreude auf die bevorstehenden Museumsbesuche ein. Im Exposition Park befindet sich nicht nur das Memorial Coliseum, in dem die Los Angeles Rams ihre Gegner in den Boden ramsen, sondern auch jede Menge Museen, die kostenlos besucht werden können. Zuerst steuerte ich das California African American Museum an, in dem die Ausstellung „Oh Snap! West Coast Hip-Hop Photography“ gezeigt wurde. Berühmte Fotografen wie Estevan Oriol präsentierten darin eine Auswahl von Portraits, die während der Arbeit mit kalifornischen Rappern entstanden sind. Ein paar Meter weiter bestaunte ich im California Science Center die Dauerausstellungen „Ecosystems“, „Creative World“ und „Air and Space Exhibits“. Leider hatte ich nur begrenzt Zeit, denn ich musste weiter: Hollywood rief!
Galerie: Manhattan Beach in Los Angeles
Galerie: Museen im Exposition Park
Im siebten Teil geht es nach Hollywood, um mir Star Maps für 20 Dollar aufschwatzen zu lassen, ein Konzert von Death By Stereo zu besuchen und festzustellen, dass die Leute auf dem Sunset Boulevard auch nicht viel hipper aussehen als wir.
Kommentar hinterlassen