Review: Wählt Loki

Dass mittlerweile jeder US-Präsident werden kann, ist bekannt. Kein Wunder, dass auch Thors Bruder in der vierteiligen Comicreihe „Wählt Loki“ einen auf Donald Trump macht.

 

Die Welt scheint verrückt zu sein. Machthungrige, menschenverachtende Scharlatane stehen ganz oben in der Gunst der Wähler. Mit vernünftigen Ansichten gewinnt niemand mehr Stimmen. Stattdessen müssen Mauern, diskriminierende Gesetze und härteres Durchgreifen versprochen werden. Denn den Bürgern geht es ach so schlecht. Irgendetwas muss also wieder großartig gemacht werden, obwohl es nie großartig war. Diese Stimmung fängt die vierteilige Comicreihe „Wählt Loki“ ein, die nach der US-Erstveröffentlichung von 2016 nun auch in Deutschland erschienen ist.

 

Den Mut haben, offen zu lügen

 

Thors Adoptivbruder Loki möchte der nächste Präsident der Vereinigten Staaten werden. Das Motto seiner Kampagne: Flunkern bis sich die Balken biegen. „Wenn ich Präsident wäre, hätte ich den Mut, euch offen anzulügen. Ihr liebt das doch“, provoziert Loki das Volk der USA, behält damit aber tatsächlich recht. Die Menschen wollen einen charismatischen Typen, der mit Konventionen bricht. Die Einen glauben, dass es sowieso nicht schlimmer werden kann. Die Anderen wählen aus reiner Sensationslust. Loki ist die Alternative zum eingeschlafenen Politbetrieb, der sich laut Meinung der Wähler nur um sich selbst dreht.

 

Dass Lokis politische Vorhaben ähnlich undurchschaubar sind wie die von Donald Trump, macht deutlich, wer für diesen Comic als Vorlage diente. Denn so albern die Geschichte um den nordischen Gott sein mag, der mit Odins Silberlöffel großgeworden ist, so bitterernst ist die Thematik in der Realität. Autor Christopher Hastings, der hauptverantwortlich für die „Adventure Time“-Comics ist, zieht eine Parabel nach der anderen zum US-Wahlkampf von 2016. Langdon Foss und Paul McCaffrey haben passenderweise auf quietschbunte Zeichnungen verzichtet und auf einen sauberen und blassen Stil gesetzt.

 

„Zum Glück les ich nur noch Internet!“

 

„Aber die sagen das nicht euch! Die sagen sich das selbst“, hetzt Loki vor seinen Anhängern gegen die Presse. Das Verhältnis zwischen dem Präsidentschaftskandidaten und den Medienvertretern ist ein Kernthema des Comics. Journalistin Nisa Contreras ist die eigentliche Hauptfigur. Sie überlegt sich immer neue Wege, um die Bürger über Lokis falsches Spiel aufzuklären. Dieser schafft es, jeden Angriff umzudrehen und seine Vorteile daraus zu ziehen. Die logische Schlussfolgerung seiner Wähler: „Zum Glück les ich nur noch Internet.“ Contreras droht an dem Druck, den die Berichterstattung mit sich bringt, zu zerbrechen.

 

„Wisst ihr überhaupt, wie Demokratie geht?“, schreit Loki einem wütenden Mob entgegen und stellt damit eine Frage, deren Antwortfindung das vielleicht größte Problem in der echten Welt darstellt. Natürlich besitzt „Wählt Loki“ eine plumpe Handlung, die Zitate nicht subtil einfließen lässt, sondern dem Leser in Großbuchstaben entgegenschmeißt. In Zeiten wie diesen dürfen solche Sachverhalte aber mit keiner kleineren Keule herübergebracht werden. Denn Loki stellt am Ende der 100 Seiten selbst fest, dass sich derartige Geschichten immer wiederholen werden. Es ist traurig, dass sich ein Comic so real anfühlt.

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