Review: Miss Sloane

Jessica Chastain spielt in „Miss Sloane“ eine taffe Interessenvertreterin, die sich gegen die Waffenlobby stellt. Ihre Waffe: Der Überraschungseffekt.

 

Das Thema Schusswaffen spaltet die US-amerikanische Gesellschaft wie kaum ein anderes Thema. Laut dem zweiten Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika sind staatliche Einschränkungen bezüglich Besitz und Tragen von Waffen verboten. Dagegen versuchen Aktivisten vorzugehen, stehen aber meist auf verlorenem Posten. Gegen die mächtige Waffenlobby ist kaum etwas zu machen, weshalb selbst hochrangige Politiker regelmäßig kuschen müssen. „Shakespeare in Love“-Regisseur John Madden hat sich mit „Miss Sloane“ diesem Thema angenommen und einen Politthriller geschaffen, der die Arbeit einer Waffengegnerin beleuchtet.

 

Alles für den Sieg!

 

Dabei sind Schusswaffen und der daraus entstandene Lobbyismus nur das Mittel, um den Charakter der Protagonistin Elizabeth Sloane hervorzuheben. Der von Jessica Chastain gespielte Workaholic vertritt beruflich Interessengruppen. Mal setzt sie sich für die Palmölsteuer ein, mal für komplett andere Inhalte. Ihr geht es um das Gewinnen, selten um das Thema an sich. Schusswaffen scheinen bei ihr jedoch einen Nerv getroffen zu haben. Sloane weigert sich für die Waffenlobby zu arbeiten, wechselt daraufhin den Arbeitgeber und schlägt sich auf die Seite der vermeintlich moralisch überlegenen Waffengegner.

 

Was folgt ist die Inszenierung eines Intrigenspielmarathons, der mit einem unvorhersehbaren Twist endet. Der Weg dorthin ist größtenteils spannend, kann für den einen oder anderen Kinogänger aber zur Geduldsprobe werden. „Miss Sloane“ möchte nicht mit verspielten Gimmicks überzeugen, sondern die nackte Geschichte und ihre Hauptdarstellerin in den Fokus rücken. Die immer gleichen langweilig grauen Kulissen und die sich nie verändernde Erzähldynamik gehen mit der Zeit auf die Nerven. Selbst die zweifelsohne großartig spielende Jessica Chastain langweilt mit ihrer Eisprinzessinnen-Optik und -Attitüde irgendwann.

 

Nebenfiguren bleiben profillos

 

„Miss Sloane“ gibt sich größte Mühe, den Fluss des Films aufzulockern. Zeitsprünge, Humor, der sich aus spritzigen Dialogduellen speist, moralische Konfliktfragen und Superheldenmomente, in denen Chastain mit One-Linern das letzte Wort haben darf, sind die Instrumente, denen sich „Miss Sloane“ bedient. Dennoch wirkt der Film zäh, hätte um 15 Minuten gekürzt werden können. Trotz der stattlichen Länge von 132 Minuten bleibt ein Großteil der Figuren profillos. Sloane steht ein dutzendgroßes Team zur Seite, deren Namen bereits beim Start des Abspanns vergessen sind. Nicht umsonst gibt sie dem Film den Titel. Denn sowohl Elizabeth Sloane als auch Jessica Chastain sind die unangefochtenen Stars.

 

Wer sich wünscht, in Elizabeth Sloane eine starke Frauenrolle sehen zu können, wird enttäuscht. Sloane hat Probleme, die sie durch Abgebrühtheit, Medikamente und Arbeitsethos kompensiert. Waschechte weibliche Heldenrollen nehmen andere Figuren wie die von Gugu Mbatha-Raw gespielte Emse Manucharian ein. Der Film möchte clever und tiefgründig sein, kratzt aber allzu oft an der Oberfläche. So hätte ein Gigolo, den Sloane für seine Dienste bezahlt, noch stärker herausgearbeitet werden können. Denn Käuflichkeit ist das Kernthema des Films, das sich von der Politik bis ins Private zieht. „Miss Sloane“ ist ein sperriger Film, der seine Schwächen durch vermeintliche Inhaltsschwere kompensieren möchte. Das passiert leider auf Kosten der Unterhaltung.

 

„Miss Sloane“ kam am 25. November 2016 in die US-amerikanischen Kinos. Ab dem 6. Juli ist der Film auch in den deutschen Lichtspielhäusern zu sehen.

 

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