Tommy Wiseau: Was passierte nach The Room?

Kultfilm von 2003: The Room

Dank James Francos „The Disaster Artist“ erhalten Tommy Wiseau und sein 2003 erschienener Kultfilm „The Room“ neue Aufmerksamkeit. Doch was ging bei Wiseau in den letzten 15 Jahren?

 

„Hey, everybody, let’s go inside and eat some cake”, sagt Protagonist Johnny und bringt den Kinosaal ein weiteres Mal zum Grölen. Dieser Satz stammt nicht aus einer Komödie, sondern aus einem Film, der ursprünglich ein Drama werden sollte. Die Rede ist von „The Room“, einem Streifen, der von vielen Kritikern als der schlechteste aller Zeiten bezeichnet wird. So schlecht, dass er sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Kultfilm mauserte. „That’s the trick to making a cult film. It can’t just be bad, it has to be memorably so, and ‘The Room’ is”, schrieb Movie Nation und fasste das Phänomen treffend zusammen. Unlogische Dialoge, eine hanebüchene Handlung und Schauspielkünste, die die Theater-AG der Oberschule Waigolshausen zufriedenstellender abliefern könnte, machten „The Room“-Schöpfer Tommy Wiseau zur unfreiwilligen Lachnummer der Filmwelt.

 

 

„The Room“ erschien 2003 und war das Regie-, Drehbuch- und Schauspieldebüt von Tommy Wiseau. Viel ist über Wiseaus Zeit vor „The Room“ nicht bekannt. In diversen Interviews ließ er kleine Details seiner Vergangenheit durchsickern. Was davon der Wahrheit entspricht, kann nur gemutmaßt werden. Mal stammt er aus Polen, mal aus Frankreich. Mal ist er in den Fünfzigern geboren, mal in den Sechzigern. Tommy Wiseaus Optik und Akzent sind außergewöhnlich. Einen Schauspieler würde niemand in ihm sehen. Trotzdem hat er sage und schreibe sechs Millionen Dollar aus nicht bekannten Quellen zusammengekratzt, um seine Vision umzusetzen. Wenn James Francos Film „The Disaster Artist”, der die Entstehungsgeschichte von „The Room“ nacherzählt, am 1. Februar 2018 in die deutschen Kinos kommt, wird der Kult erneut befeuert. Doch was passierte bei dem echten Tommy Wiseau, nachdem er „The Room“ veröffentlicht hat?

 

“I told them right away, that I don’t want to be in it”

 

James Franco dreht den The-Room-Dreh nach

Ein Jahr nach “The Room” ging Wiseau einen anderen Weg. Statt ein weiteres Drama zu drehen, versuchte er sich an dem Dokumentarfilm „Homeless in America“. Die 30-minütige Doku begleitet Obdachlose in ihrem Alltag und zeigt Menschen, die ihnen dabei helfen. Wiseau trat als Produzent, Regisseur, Drehbuchautor und Interviewer auf. Die Kritikerwertungen waren zwar durchwachsen, doch mit einem Sieg beim New York International Independent Film & Video Festival in der Kategorie „Best Social Documentary“ feierte Wiseau erste Karriereerfolge. Astrein schien es aber auch bei diesen Dreharbeiten nicht zugegangen zu sein. 2005 kommentierte eine IMDb-Userin, die sich als Protagonistin Jani Beck ausgab, den Eintrag zum Film: “I told them right away, that I don’t want to be in it because I was NOT homeless.”

 

Anschließend wurde es zumindest aus kreativer Sicht ruhiger um Tommy Wiseau. Völlig aus der Öffentlichkeit verschwand er trotzdem nicht. „The Room“ entwickelte sich zügig zum Kultfilm, was dazu führte, dass auf der ganzen Welt Sondervorführungen stattfanden. Wiseau besuchte viele dieser Veranstaltungen, hielt Ansprachen und stand für Fotos und Autogramme zur Verfügung. Für „Tim and Eric Awesome Show, Great Job!“ auf Adult Swim kehrte er 2009 vor die Kamera zurück. In einer Episode der Sketch-Show spielte er nicht nur sich selbst sowie die Figur Pig Man, die Macher Tim Heidecker und Eric Wareheim schienen von der Genialität Wiseaus so überzeugt gewesen zu sein, dass er auch die Gastregie übernehmen durfte. Ob Wiseau durch dieses Engagement erneut Blut leckte, ist nicht bekannt, doch von da an wurde er wieder aktiver.

 

 

„This guy can bullshit like no other“

 

2010 spielte Wiseau die Hauptrolle in dem Comedy-Horror-Kurzfilm “The House That Drips Blood on Alex”, den unter anderem Comedy Central ausstrahlte. Zudem war er im gleichen Jahr in den TV-Produktionen „La La Land“ und „Abnormal Entertainment Presents“ zu sehen. Der Wiseau-Zug rollte wieder und die Welt war heiß auf neues Material. 2011 startete er daher die YouTube-Serie „Tommy Explains It All“, in der er – wie es der Titel bereits verrät – unterschiedliche Standpunkte aus seiner Sicht erläutert. Ob Citizan Kane, Küssen oder Erfolg – es gibt kein Thema, zu dem Wiseau nichts zu sagen hätte. “This guy can bullshit like no other“, stellte YouTube-User Paul Singam treffend in den Kommentaren fest. Noch im gleichen Jahr war Wiseau im Kurzfilm „Bump“ und der “Tommy Wi-Show” auf Machinima zu sehen. Letztere wurde aufgrund fehlender Zuschauer nach einer Staffel eingestellt.

 

 

“Express yourself, don’t hurt yourself”, soll Wiseau laut einer Zitatsammlung einmal von sich gegeben haben. Die Verantwortlichen von Urban Outfitters scheint das überzeugt zu haben, denn 2013 engagierten sie Wiseau für einen Werbespot. Im gleichen Jahr war er in einer Episode der TV-Serie „The PET Squad Files“ zu sehen. Seine wohl größte Chance seit „The Room“ sollte 2014 folgen. Für Hulu Plus drehte Wiseau die Sitcom „The Neighbors“, die es bis 2016 auf sieben Folgen schaffte. Leider konnte er mit diesem Projekt nicht überzeugen. Die Show war zwar chaotisch und durchgeknallt, ließ aber die ungewollte Komik eines „The Room“ vermissen. „Without any kind of warmth, the show can most clearly be seen as the shoddy disappointment it is”, schrieb Lenika Cruz in einer Review für The Atlantic.

 

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