PF Squad Interview: „Kämpfen, dass Stuttgart aus der Asche aufersteht“

PF Squad InterviewMit „Album No. 1“ möchte der PF Squad Stuttgart zurück auf die Rap-Landkarte bringen. Im Interview verrät er wie.

 

Eure aktuelle Maxi heißt „Rap is back“. Wo war Rap und wie habt ihr ihn zurückgeholt?
Für uns war Rap immer ein Stuttgarter Ding, weil wir die ganzen alten Sachen miterlebt haben. Auf einmal war alles verschwunden. Weil wir aus Stuttgart kommen, haben wir uns halt gedacht, Rap is back.

 

Um bei Titeln zu bleiben: Euer Album heißt „Album No. 1“. Wollt ihr mit dem Titel auch provozieren?
Album No. 1“ ist nicht 100 Prozent ernst gemeint. Es ist ein bisschen ironisch, weil wir für uns die Besten sind. Denn wenn du von dir selbst nicht überzeugt bist, dann brauchst du gar keine Musik zu machen. Wir haben das überspitzt. Aber es steckt auch noch die zweite Aussage drin: Es ist unser erstes Album.

 

Mal angenommen, dieses Album wäre ein Filmsoundtrack. Was für ein Film wäre es?
Rasante Action ist unser Ding. Oder vielleicht so ein Psychopathenfilm (alle lachen). Das ist gar nicht witzig gemeint. Da geht es um einen Typen, der von allen Seiten verfolgt wird und negative Einflüsse auf ihn einbrechen. Er versucht sich irgendwie zu behaupten. So Rambo-mäßig – ein Mann gegen den Rest. Das Album ist in einer Zeit entstanden, in der alle Hater und Neider auf einmal aufgetaucht sind und vesucht haben, uns Steine in den Weg zu legen. Und deswegen ist sechs Mann gegen den Rest das Richtige.

 

Welchen Track findet ihr auf der Platte für euch als Gruppe am repräsentativsten?
Meine Favoriten sind „Du denkst“ oder „Wie ich“. Aber auch „Ziggy Ziggy“ ist stark. Repräsentativ für uns als Gruppe ist aber auch „Chillout“. Wenn wir live spielen, sind wir keine statische Band, die mit tollen Storys begeistert. Wir sind die Power-Band, die die Leute mitreißt. Das ist auf dem Album am stärksten „Chillout“. Aber lyrisch schon „Du denkst“, weil es unser Psychopathending widerspiegelt. Die Leute denken etwas von dir, aber was wirklich ist, weiß keiner.

 

Wie kann man sich den Entstehungsprozess eines PF-Squad-Albums vorstellen?
Mit unseren Produzenten hängen wir privat viel herum. Wenn uns was gefällt, setzen sich die MCs gleich hin und schreiben Texte. An sich setzen wir uns aber erstmal zusammen und bringen unsere Ideen Brainstorm-mäßig ein. Es ist nicht so, dass wir erst Beats bekommen und dann Texte schreiben. Wir arbeiten eng mit den Producern zusammen, damit dass am Ende ein tightes Produkt wird.

 

Auf dem Album wurdet ihr von Joe Young unterstützt. Könnt ihr was über ihn sagen?
Joe Young ist in New York aufgewachsen. Er ist vor ein paar Jahren mit Freunden nach Deutschland gekommen. Über Plattform Records wird er eine CD mit deutschen und vielleicht auch größeren Ami-Features herausbringen. Er hat gerade erst eine Single mit Inspectah Deck aufgenommen.

 

Im Vergleich zur „Verrückten Welt EP“ habt ihr auf „Album No. 1“ deutlich weniger französischen Rap drauf. Weshalb?
Wer Bock hat, schreibt etwas. Wenn dann mehr französischer Text herumkommt, ist das eben so. Auf der EP wollten wir unseren damaligen musikalischen Stand widerspiegeln. Auf der EP war unser Entwicklungsstand noch weiter unten. Max (französischsprachiger MC der Gruppe, Anm. d. Red.) war einfach besser als der Rest. Jetzt mussten wir uns nicht mehr hinter ihm verstecken.

 

Ihr verwendet viele Anglizismen. Ganz platt gefragt: Warum macht ihr das?
Die deutsche Sprache klingt oft sehr hart. Wenn du einen Text mit englischen Wort schreibst, klingt er cooler. Es klingt nicht so stier nach deutschem Hip-Hop und kommt nicht so „Old School“-mäßig herüber. Wenn du mal guckst: Alle, die für ihren tollen Flow gelobt werden, nutzen Anglizismen.

 

Man könnte euch vorwerfen,  ihr würdet Ami-Rap biten. Denn ihr macht Clubmusik, verwendet Anglizismen und redet von „Cash und Fame“.
Klar gibt es auf der Platte viel, das in die Richtung Ami-Kopie geht. Ich stelle mir nur die Frage, gibt es gute und gibt es schlechte Ami-Kopien? Wenn von uns – in Anführungsstrichen – eine Kopie kommt, dann eine gute. Ich sehe es nicht als Kopie. Es ist ein Unterschied, ob du etwas kopierst oder für dich interpretierst. Als wir die „Verrückten Welt“ EP aufgenommen haben, hatten wir sehr viel französischen Hip-Hop gehört. Deswegen war die EP auch von den Beats französisch angehaucht. Das Album ist keine Kopie, sondern unsere deutsche Interpretation von der Mucke, die in Amerika aktuell ist.

 

Ich denke, wenn man einem Außenstehenden eure „Verrückte Welt“ EP und danach das „Album No. 1“ vorspielen würde, dann hört er einen deutlichen Unterschied heraus. Ihr wirkt cluborientierter als damals. Glaubt ihr, dass sich deutscher Rap jemals im Club etablieren wird?
Auf jeden Fall! Er ist schon clubtauglich. Die Leute müssen sich nur mehr trauen. Es kommt immer darauf an, wie du geprägt bist. Die einen hören mehr Club-Shit, die anderen Underground, Streetstyle oder R’n’B, Funk und Soul. Es wird noch viel passieren. Wir haben unsere Sachen schon im Club laufen lassen und es gab keinen Qualitätsabfall. Wenn ich die Sachen zwischen irgendwelchen Amisachen spiele, tanzen die Leute weiter. Manchmal habe ich mich schon gewundert, wie die Leute abgehen, obwohl sie es gar nicht kennen. Die Beats sind einfach treibend. Die ersten, die diesen Clubsound in Deutschland gemacht haben, waren Tefla & Jaleel. Wie hieß das Album?

 

„Direkt neben dir“.
Das war richtig cool. Damals konnte zwar niemand etwas mit diesem Sound anfangen, gerade ist er dabei, sich zu etablieren. Wenn du „Verrückte Welt“ und unser Album vergleichst, dann hörst du eine große Entwicklung. Was aber nicht heißt, dass wir komplett bei diesem Clubstyle bleiben werden. Vielleicht wird das nächste Album wieder undergroundig und ein bisschen tiefgründiger. Vielleicht ist es auch eine komplett andere Richtung. Zu sagen, wie ein Sound in Zukunft sein wird, ist schwer, weil du dich musikalisch immer weiterentwickelst.

 

Ihr seid mit Cappadonna durch fünf europäische Länder getourt. In welchen Staaten wart ihr und wie kam deutscher Rap dort an?
Ich erzähl mal von einem Auftritt Prag. Denen war das völlig egal. Die haben das gefeiert wie wir früher auf den Jams. Die sind darauf abgegangen, obwohl die kein Wort verstanden haben. Wir waren auch in Paris und dachten erst, dass die uns belächeln werden, weil französischer Rap dem deutschen ein bisschen voraus ist. Ähnlich wie in Prag gaben uns die Leute Respekt. In der Schweiz sind die Leute sehr hungrig nach deutschem Hip-Hop. Das spürst du. Wir hatten das Gefühl, dass die Leute dort offener sind als in Deutschland. Egal, wo wir waren, ob Holland, Schweiz, Österreich oder Tschechei, kamen die Leute auf uns zu und haben sich mit uns unterhalten.

 

Sprechen wir kurz über euer Logo. Was für eine Bedeutung hat es und was stellt es dar?
Es stellt einen Phoenix dar. Muss man noch mehr zum Phoenix sagen? (alle lachen) Mal so ein bisschen sinnlos sinniert: Stuttgart ist zurzeit am Arsch und wir kämpfen dafür, dass die Stadt wieder aus der Asche aufersteht. (alle lachen)

 

Wenn wir gerade von Stuttgart reden: Ihr seid hier nicht alleine. Neben euch existiert noch Chimperator, das in etwa auf eurem Level ist. Wie seht ihr diese „Konkurrenz“?
Wir haben uns durch die Tour gut kennengelernt und respektieren uns auch. Wir nehmen uns ja nicht gegenseitig die Chartplatzierungen weg, nur weil wir dieselbe Klientel ansprechen. Es war nur vom Timing her etwas unglücklich, weil wir relativ nah beieinander releast haben. Das Album von Plan B & Maeckes wurde unheimlich weit herausgeschoben. Da haben wir uns abgesprochen, damit wir noch Zeit dazwischen haben. Das hat dann aber doch nicht funktioniert. Dadurch entsteht vielleicht der Eindruck, dass wir konkurrieren, was aber definitiv nicht so ist. Wir tauschen uns bei Business-Fragen auch aus.

 

Und wie sieht es nach der Tour mit der weiteren Zusammenarbeit aus?
Weitere Kooperationen sind derzeit nicht geplant, weil wir relativ eingespannt sind durch unsere Releases. Bei uns geht es gleich weiter mit der zweiten Single und der Tour. Da ist einfach keine Zeit, um irgendetwas zu planen. Ich denke aber, dass in Zukunft Feature-technisch etwas kommen wird.

 

Welcher Track wird die zweite Single?
Die zweite Single wird „Du denkst“. Am 2. April drehen wir das Video. Die Maxi kommt am 23. Mai raus. Das Video wird lustig, denn nach „Rap is back“, das ab und an auf Viva lief, dachten die Leute, wir haben jetzt Cash ohne Ende. Ich dachte das früher auch immer, aber es ist definitiv nicht so. Der Schein trügt und das ist auch die Message des Songs.

 

Sprechen wir über Plattform Records. Gesignt sind der PF Squad und Nikoma. Wer ist für die Business-Angelegenheit zuständig und wie sehen die Strukturen aus?
Plattform Records ist aus den Leuten entstanden, die auch den PF Squad bilden. Plattform Records ist aus einer Community in Stuttgart entstanden und irgendwann dachten wir uns, wir machen eine Firma um unseren Scheiß selber rauszuhauen. Wir haben – in Anführungszeichen – schon businessmäßige Strukturen. Wir haben die Jungs, die im Büro sitzen, wir haben die Producer und wir haben die Leute, die uns drum herum helfen.

 

Ich zitiere aus eurer Platte: „Ich hass Journalisten, die ne schlechte Kritik schreiben, tut was ihr wollt, ich werde dick im Biz bleiben.“ Was denkt ihr über Plattenkritiken?
(alle lachen) Wir interessieren uns für Plattenkritiken, aber das sind sehr subjektive Meinungen. Oft habe ich das Gefühl, dass nicht erkannt wird, wenn wir etwas ironisch meinen. Es wird auch an jedem Wort und Beat rumgedoktert. Das ist unser Eindruck, den wir durch drei Releases gewonnen haben. Kritiken können dir schaden. Ich finde auch, dass man keine Plattenkritiken schreiben dürfte, wenn man persönliche Differenzen mit einem Künstler hat.

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  1. PF Squad – Album No 1 – like it is '93 // das Popkultur-Magazin

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