Von Kakerlaken, Prüfungen und Versagern – Das Dschungelcamp

Offiziell fanden es alle schlimm und selbstverständlich hat es auch niemand geschaut. Denn die Sendung, die im Kopf der meisten Deutschen unter einem Namen abgespeichert ist, den die Show überhaupt nicht trägt, ist ja sowieso dumm, eklig, langweilig und an ein Publikum gerichtet, das sich auf dem Weg zur Schicht die Bild-Zeitung unter den Arm klemmt. Doch „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ – oder im Volksmund auch „Das Dschungelcamp“ genannt – ist tatsächlich noch eines der wenigen TV-Ereignisse, das die Leute dazu bringt, lautstark ihre Meinungen zu äußern.

 

Egal, ob man sich über das infantile Getue mancher Möchtegern-Promis, die abstoßenden Aufgaben der Dschungelprüfungen oder den Umgang mit den Menschen, die dort teilnehmen, aufregen möchte, die aus Großbritannien importierte Reality-Show eckt mit richtig viel Fleiß an. Granada Produktion, die das Ferienlager der gescheiterten Medienkarrieren produzieren, wissen ganz genau, was sie da veranstalten und liefern den Kritikern eben nicht das, was die sich wünschen würden. Statt einer dümmlichen Präsentation à la Big Brother gibt es zwischen den Prüfungen und Tageszusammenfassungen gut geschriebene Gags und amüsante Moderationen vom herrlich lästernden Tag-Team Dirk Bach und Sonja Zietlow.

 

Mit Schadenfreude und Sensationsgeilheit bewaffnet

 

Von Raab bis Schmidt über große Tageszeitungen aus Berlin bis Stuttgart, flächendeckend wird über RTLs Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Stars, die nie welche waren (Tante Brigitte mal ausgenommen) berichtet. Mit Schadenfreude und Sensationsgeilheit bewaffnet, berichten Deutschlands Medien auf das Ausführlichste über eben jenes, was da im australischen Exil passiert. Das Interesse am Auffangbecken für Menschen, die als nächstes beim Promi-Dinner landen werden, ist augenscheinlich recht groß.

 

Doch das Dschungelcamp öffentlich gut finden geht gar nicht. Niemand möchte sich die Scham geben, mit Micaelas Busenbommeln oder Vincent Ravens Meinung zum Thema Frauen in Führungspositionen in Verbindung gebracht zu werden. Denn so etwas darf einen nicht unterhalten. Das ist Trash-TV. Da ist es geradezu erfrischend, wenn ein bekennender Dschungelcamp-Fan wie Vorzeigeproll sido seine Gedanken zur Show ein- bis zweimal täglich twittert und auch während seines USA-Urlaubs nicht auf die Stunde mit den Halbpromis verzichten möchte. Und überhaupt: Geschaut muss es ja jemand haben. Laut RTL erreichte die Show bei der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen teilweise Marktanteile von 42,6 Prozent.

 

Manche Menschen muss man vor sich selbst schützen

 

Sowohl Fans als auch Gegner finden für ihre jeweiligen Sichtweisen genügend Argumente. Höchstwahrscheinlich wird es keinen Punkt geben, der noch nicht von irgendeiner Seite aufgeführt wurde. So schrieb beispielsweise Micha Röder von The Intelligence als Antwort auf die Aussage, dass sich die Kandidaten ja aus freien Stücken zum Affen machen würden: „Das Argument […] kann nur bis zu einem gewissen Punkt gelten. Manche Menschen muss man eben vor sich selbst schützen.“ Björn Erichsen formulierte es 2011 im Stern etwas anders. Über eine Dschungelprüfung, die für Rainer Langhans auf dem Programm stand, äußerte er sich: „Am Samstagabend muss der Mann mit der Pusteblumen-Frisur einen gläsernen Sarg voller Kakerlaken besteigen, mit dem er über eine Schlucht gezogen wird. Das kann man eklig finden und unangebracht – aber auch ziemlich unterhaltsam.“

 

Gerade an den Mittwoch- und Samstagabenden konnte man in den vergangenen zwei Wochen das Hirn gleich ganz in die Tonne werfen. DSDS und „Der Bachelor“ schlugen im Vorprogramm mit Bratpfannen auf die Köpfe der Zuschauer ein und casteten nebenbei gleich Kandidaten für die kommenden Ausgaben des Dschungelcamps. Denn auch 2013 wird „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ in eine weitere Runde voller Dummheiten, Ekel und Langeweile gehen. Bis dahin kann sich die Nation aber noch ein wenig erholen.

3 Comments

  1. onkel ailton ist auch ein star

  2. Immer wieder interessant was ich verpasse wenn der Fernseher aus bleibt.
    Ach und man sollte dazu stehen wenn man sich so etwas antut.

  3. opium fürs volk.

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