LucasArts: Point-and-Click-Adventures (Teil 2 von 3)
Nachdem sich Lucasfilm Games mit ihren ersten großen Point-and-Click-Adventures “Maniac Mansion” und “Zak McKracken And The Alien Mindbenders” mehr als nur einen Namen unter Freunden des Genres gemacht haben, war so ziemlich jedem Atari- und Amiga-Besitzer klar, dass man es bei dem kalifornischen Unternehmen mit Meistern des Faches zu tun hat. Ach was, mit Spieleprogrammierern, die ihr eigenes Fach selbst begründet haben.
Doch auch nach zwei Top-Titeln, die heute noch gefeiert werden, als wären sie 24 Wochen und nicht 24 Jahre alt, müssen neue Spiele her. Im zweiten Teil meiner LucasArts-Point-and-Click-Adventure-Trilogie werde ich auf die Ereignisse zwischen 1989 bis 1992 eingehen. Die vier wohl mit Abstand wichtigsten und erfolgreichsten Jahre der Genre- bzw. Firmengeschichte.
Ein Hauch von Hollywood auf dem Monitor
1989 veröffentlichten Lucasfilm Games – nach einem Flugsimulator („Battlehawks 1942“) und einem eher bescheidenen Lernprogramm („Life Story: The Race Of The Double Helix“) – ein Videospiel, an das ich mehr als nur einen sonnigen Nachmittag „verschwendet“ habe: „Indiana Jones And The Last Crusade“. Auf dem dritten Teil der Indiana-Jones-Filmtrilogie basierend (macht als Lizenzinhaber ja auch Sinn), war das Spiel – im Vergleich zu seinen beiden Genre-Vorgängern – eine echte Überraschung. Relativ nah an der Filmvorlage war man als Spieler auf der Suche nach dem Heiligen Gral. Besuche in Venedig und Schloss Brunwald inklusive. Die Power Play schrieb in einem ihrer Tests vom Oktober 1989: „Spiellogik, Benutzerführung und Story sind auf jeden Fall traumhaft gut.“
„Indiana Jones And The Last Crusade“ ist ein „Graphic Adventure“, an dem gerade einmal zwölf Menschen gearbeitet haben. Eine Teamgröße, die in heutigen Zeiten, in denen ganze Hundertschaften an Blockbustergames schrauben, geradezu unglaublich klingt. Und „Indy3“, wie das Spiel häufig abgekürzt wird, hatte trotz der überschaubaren Mannschaft ein paar Neuerungen parat, die es so noch nie in einem Point-and-Click-Adventure zu sehen gab. Faust- und Flugzeugkämpfe verliehen dem sonst eher rätsel- und dialoglastigem Spiel eine ordentliche Portion Action.
Zauber statt SCUMM
Schon nach ein paar Monaten gaben die Spielentwickler von Lucasfilm dem Affen frischen Zucker. Eine stetig wachsende Fanbase, die nach neuen Games des Point-and-Click-Genres schrie, konnte nicht dauerhaft mit weiteren Flugsimulatoren („Their Finest Hour: The Battle Of Britain“), Lernprogrammen („Mac Magic“) und Strategiespielen („Pipe Dream“) ruhig gestellt werden. „Loom“ wurde daraufhin Anfang 1990 veröffentlicht und war bis dato wohl der größte Flop, den Lucasfilm Games in diesem Segment verkraften musste. Schade eigentlich.
Ich kam erst relativ spät in den Genuss von „Loom“. 2002 holte ich das Game mit dem Kauf der großen LucasArts-Adventure-Box nach. Ohne Erwartungen startete ich das Spiel und war eigentlich relativ angetan. In der Rolle des Bobbin Threadbare deckt man in einer Fantasy-Welt, in der Handwerksgilden die großen Gesetzesgeber sind, eine – im wahrsten Sinne des Wortes – ungeheuerliche Verschwörung auf. Mit Zaubersprüchen ausgestattet, die mit vier Tönen auf einem Zauberstab gespielt werden können, trifft man auf Drachen und andere Fabelwesen. Und genau dieser besagte Zauberstab ist die eigentliche Innovation, die vom Großteil der Spieler leider nie angenommen wurde. Statt der klassischen SCUMM-Bar spielt man für Befehle wie „Öffnen“ oder „Benutzen“ Töne. „Loom“ ist damit praktisch der Großvater von „Guitar Hero“.
2006 gab „Loom“-Mastermind Brian Moriarty adventureclassicgaming.com ein Interview und sprach unter anderem über zwei Fortsetzungen, die für „Loom“ ursprünglich angedacht waren: “This was all just talk. I was busy with other projects, and nobody else felt strongly enough about the games to make a commitment. So ‚Forge‘ and ‚The Fold‘ never got made.“ Könnte aber vielleicht auch daran gelegen haben, dass sowohl Presse als auch Spieler eher enttäuschende Wertungen und Meinungen zu „Loom“ abgegeben haben. Schlanke 2,5 Stunden Spielzeit ohne klassisches SCUMM-System waren wohl nicht das, was sich Fans von Maniac Mansion, Zak McKraken oder Indy3 gewünscht haben.
Affige Inseln und Piraten-Azubis
Nach dem eher bescheidenen Erfolg von „Loom“ schoben Lucasfilm Games ein paar wenige Monate später gleich das nächste Point-and-Click-Adventure nach. Nur diesmal standen die Zeichen auf „Meilenstein“. „The Secret Of Monkey Island“ kam im Oktober 1990 in die Läden und beeinflusste nicht weniger als eine komplette Generation von popkulturell affinen Menschen. So gaben Amiga Format damals starke 92 von 100 Prozent und Quandary sogar volle 5 von 5 Sternen.
Guybrush Threepwood (benannt nach der Datei, in der die Figur bei der Programmierung abgespeichert wurde) wird nach einer dreiteiligen Ausbildung hauptberuflich Pirat und folgt dem Geisterfreibeuter LeChuck nach Monkey Island, um seine Geliebte Elaine Marley aus dessen Händen zu befreien. Justin Calvert von Gamespot war vom Spiel dermaßen begeistert, dass er in einer Review zur Special Edition aus dem Jahre 2009 schrieb: „If you’ve got opposable thumbs, a sense of humor, and a brain that you’re not afraid to use, this puzzle-filled adventure is one well worth taking.”
Und in der Tat ist “The Secret Of Monkey Island” ein unglaublich tolles Spiel und zugleich ein Beispiel dafür, was LucasArts-Adventures in ihrer großen Point-and-Click-Zeit auszeichnete: Liebevoll gestaltete Games, in denen es dermaßen viel zu entdecken gibt, dass man sie locker mehrmals durchspielen kann, ohne sich zu langweilen.
Neuer Name, alte Qualität
1991 wurden die von George Lucas geführten Unternehmen komplett umstrukturiert, weshalb Lucasfilm Games in LucasArts (komplett: LucasArts Entertainment Company LLC) umbenannt wurde. Das erste Spiel, das unter dem neuen Banner publiziert wurde, war damals nicht weniger als eine der spannendsten Fortsetzungen aller Zeiten: „Monkey Island 2: LeChuck‘s Revenge“. Ein mutiger Schritt wenn man bedenkt, dass LucasArts bis dahin noch keine Erfahrungen mit Sequels gesammelt hatte.
Guybrush Threepwood ist ganz Pirat und macht sich auf, um den Schatz von Big Whoop zu finden. Die Suche ist leider nicht so einfach, wie er sich das wahrscheinlich dachte, da ihm der schlechtgelaunte Geisterpirat LeChuck auf den Fersen ist. Miesepetrig wie montags um 8 Uhr auf dem Weg zur Arbeit möchte sich Threepwoods Gegenspieler für das Ende aus „The Secret Of Monkey Island“ rächen. Das Spiel verfügt dabei über zwei unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, was MI2 auf dem leichteren zu einem relativ kurzen Spiel macht. Die schwerere Stufe ist daher im Grunde Pflicht.
Monkey-Island-Schöpfer Ron Gilbert erklärte dem International House Of Mojo in einem Gespräch, wie die Arbeit am zweiten Teil der Piraten-Saga aussah: „Tatsächlich begannen wir mit der Arbeit an MI2, bevor MI1 auf den Markt kam, darum hatten wir auch kaum Feedback. Wir nahmen einfach das mit, was wir selbst mochten und begannen mit der Gestaltung.“ Eine gute Entscheidung, denn wie schon der Vorgänger fuhr auch die Fortsetzung Höchstwertungen und Auszeichnung der Spielepresse ein.
Der vierte Indiana-Jones-Film in Videospielform
Kommen wir zu einem meiner absoluten Lieblingsspiele aus dem LucasArts-Repertoire: „Indiana Jones And The Fate Of Atlantis“. In Fankreisen wird das im Juni 1992 erschienene Point-and-Click-Adventure als inoffizieller vierter Indiana-Jones-Film gehandelt. Denn in diesem Spiel kann man sich weder mit Kühlschränken vor Atombomben schützen, noch trifft man auf Akte-X-ische Aliens. Die Nazis sind auf der Suche nach Atlantis, da sie das dort vermutete Orichalkum als Energiequelle missbrauchen möchten. Indy macht sich selbstverständlich mit Hut, Peitsche und Lederjacke bewaffnet auf den Weg, um dies zu verhindern. Denn dafür sind Archäologen ja da!
Das Spiel besticht – neben den aus dem Vorgänger „Indiana Jones And The Last Crusade“ bekannten Actionabschnitten (Faustkämpfe, U-Boot- und Ballonfahrten irgendwer?!) – vor allem durch die alternativen Enden und den Mittelteil des Spiels, der auf drei verschiedene Arten gelöst werden kann. Gewohnt knifflige, aber stets logische Rätsel, und unterhaltsame Dialoge zwischen Indy und seiner Begleiterin Sophia Hapgood runden ein perfektes Spielerlebnis ab. All diese Punkte steigern die Wiederspielbarkeit des Games in das schier Unermessliche. Da schließt man sich den Worten aus dem damaligen Power-Play-Test nur an: „Dieses Spiel ist das absolute Mega-Muss für jeden, der nur einen Funken Begeisterung für Rätsel, Adventures oder Indiana Jones aufbringt.“
Star Wars für Zwischendurch
Indy4 war der zweite Spieltitel, der unter dem neuen Banner LucasArts veröffentlicht wurde. Bis 1993 das von Gamern weltweit in den Himmel gelobte Meisterwerk „Day Of The Tentacle“ in die Läden kam, machte sich George Lucas‘ Spieleschmiede aber vor allem durch die ersten Star-Wars-Games einen Namen. Mit „The Empire Strikes Back“, „Super Star Wars“, „Star Wars: X-Wing“ und „Star Wars: Rebel Assault“ erschienen gleich vier Titel, die beachtliche Summen in die Kassen des Lizenzinhabers LucasArts spülten.
Doch es sollte auch für die Point-and-Click-Adventure-Fans weitergehen. Spiele des Genres waren zu diesem Zeitpunkt auf dem Zenit ihrer Popularität angekommen. LucasArts sahen den Geldregen und beherrschten zudem die nötige Technik wie kaum ein anderes Unternehmen. Denn das Prinzip „Point-and-Click“ bietet gerade für Designer, Geschichtenerzähler und kreative Köpfe eine hervorragende Grundlage. Da pro „Level“ eine einzige Bildschirmgrafik genügt, in der man sich minutenlang aufhält, kann auf ganz andere Dinge Wert gelegt werden. Tolle Figuren, knackige Rätsel und verspielt aufwändige Umgebungen.
Im dritten und finalen Teil meiner LucasArts-Adventures-Trilogie werde ich auf die letzten großen Titel „Day Of The Tentacle“, „Sam & Max Hit The Road“ und „The Dig“ eingehen. Auch das vermeintliche Ende des Genres und die Fortführung der Monkey-Island-Reihe werden Themen sein.
toons truck!!!! wollte ich nur mal gesagt haben…
Gut gesagt… 🙂