Review: Bastian Bielendorfer – Lehrerkind: Lebenslänglich Pausenhof

Was macht der Sohn zweier Lehrer, nachdem er sein eigenes Lehramtsstudium gegen die Wand gefahren hat? Na klar, er schreibt ein Buch.

 

Bastian Bielendorfer hatte in seiner Kindheit und Jugend nicht nur mit einem unförmigen Körper zu kämpfen, nein, er musste sich auch mit zwei Elternteilen herumschlagen, die ihm recht schnell klar machten, worauf es ihrer Meinung nach im Leben ankommt: Biedere Sachlichkeit und ein korrektes Deutsch. Denn wenn die Mama Grundschullehrerin und der Papa Gymnasiallehrer ist, wird auch das heimische Wohnzimmer zum Pausenhof. Eine Sammlung der unterhaltsamsten Anekdoten dieses Umstandes gibt es nun in Bielendorfers erstem Werk in Buchform – „Lehrerkind: Lebenslänglich Pausenhof“ – zu bestaunen.

 

Gottes Montagsmodell Bastian Bielendorfer schreibt sich mit gefühlten drei Gags pro Satz durch rund 300 Seiten voller Geschichten aus dem Alltag eines Lehrerkindes. Sei es die Schuleinweihung, die Abiturprüfung oder die Bundesjugendspiele, kaum eine Erinnerung wird ausgespart und ohne Rücksicht auf Verluste detailliert und blumig beschrieben. Dass das eigene Elternhaus und die eigene Person dermaßen durch den Kakao gezogen werden, ist da nur Formsache. Denn wenn Bielendorfer über das Aussehen seines Penis und das daraus resultierende Unwohlsein in der Umkleidekabine vor dem Sportunterricht berichtet, muss man sich im ersten Moment angeekelt abwenden, im zweiten aber auch irgendwie bewundernd anerkennen, dass hier ein Autor am Werke ist, der aus all den Rückschlägen im Kindesalter und der darauf folgenden Pubertät die richtigen Schlüsse gezogen hat. Eitelkeit ist nichts, Selbstbewusstsein ist alles.

 

“Herr Remser leitete jetzt schon zum zwölften Mal unser alljährliches Musikfest, und bisher war der Abend immer mehr oder weniger im Chaos geendet. Warum er sich diese Tortur für Ohren und Hirn über einen solch langen Zeitraum immer wieder antat, ist wohl nur damit zu erklären, dass er zu der idealistischsten aller Lehrergruppen gehörte: Er war mit Leib und Seele Musiklehrer.“, heißt es in einer der dutzenden Episoden und fasst im Grunde das zusammen, was dieses Buch ausmacht. Stets kritische jedoch nie unverschämte Verbalkopfnüsse gegen den kompletten Lehrerstand. Kurze Charakterprofile aller gängigen Fachlehrer am Ende eines Kapitels inklusive. Auch Schulrowdys, Klassenschönheiten und das obligatorische Schulpraktikum werden in ausführlicher Art und Weise zum Thema gemacht.

 

„Lehrerkind: Lebenslänglich Pausenhof“ ist ein kurzweiliges Unterfangen, das sich nie zu ernst nimmt und trotzdem ganz nah dran an der Wahrheit über den Schulalltag ist. Wenn Bastian Bielendorfer von den kleinen und großen Schwierigkeiten der Schulzeit erzählt, hat man ruck zuck die Flure der Bildungsstätte im Kopf, die man selbst besucht, damals möglicherweise gehasst und im ersten Semester schon wieder vermisst hat. Trivialliteratur mit zwingender Daseinsberechtigung.

 

http://www.youtube.com/watch?v=UyqzhXCs4Ww

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