Review: Kwest & Phong Bak – Auf die Neun

Melanus Kwest aus Tübingen und Phong Bak aus Stuttgart sind schon seit einigen Jahren gemeinsam und seit ein paar weiteren Jahre solo in der lokalen HipHop-Szene unterwegs. Trotzdem fand ihr HipHop bisher immer unter dem Radar der großen Rap-Zeitungen und Konzertveranstalter statt. Ob sich das langfristig ändern wird, kann bezweifelt werden. Doch an ihrer ersten gemeinschaftlichen Platte „Auf die Neun“ sollte es nicht liegen. Die zeigt nämlich mit was für einer Souveränität die beiden Rapper mittlerweile Musik machen.

 

Kwest und Phong Bak berichten von einem Leben, das zwischen Zeitarbeit, Tiefkühlpizza, „Blauer Samt“ und Alkohol vor sich hinplätschert. Vieles von dem Erzählten muss man nicht fühlen oder unterschreiben, doch ernstnehmen kann und sollte man „Auf die Neun“ durchaus. Die beiden Vollblutmusiker sind einfache Menschen, die in Arbeiterfamilien großgeworden sind und in jungen Jahren die mehr oder weniger klassischen Fehler gemacht haben. Gestärkt durch diesen Background füllen sie ihren Themenspeicher und verzichten komplett auf Humor oder übertriebene Raptechnik-Orgien.

 

„Auf die Neun“ besteht zu 50% aus Tracks, die vom Soundbild her dem Titel Pate standen, und zu 50% aus Stücken, die von Verzweiflung und blindem Durchhaltevermögen erzählen. „Kaffeesatz“ ist zum Beispiel eine schwerblütige Hymne an die geistige Freiheit, die man im Tausch gegen finanzielle Sicherheit bekommt. „Nein“ prangert, gerade im ersten Part grandios auf den Punkt gebracht, die Rapper an, die sich Beliebigkeit auf den Kopf tätowiert haben lassen. Und „Gebt uns nochma‘“ klingt ein wenig wie das verbitterte Treffen zweier HipHop-Opas, die sich fragen, weshalb es mittlerweile so ist wie es eben ist.

 

Kwest und Phong Bak formulieren des Öfteren krasse Meinungen, durch die sie beim Hörer nicht den Eindruck erwecken, als könne man die Protagonisten irgendwie vom Gegenteil überzeugen. Die Beiden wünschen sich eine bessere Szene, stehen dieser aber mit einer destruktiven Einstellung gegenüber. Dem ein oder anderen könnten dabei nicht nur die knackigen Beats ein Kopfschütteln entlocken.

 

Die Stimmen von MKPB, die klingen als wurden sie in der Vergangenheit mit sehr viel Whiskey und Rauch misshandelt, waren während der ersten Anspielpunkte noch etwas gewöhnungsbedürftig, gingen dann aber relativ schnell ins Ohr. Und überhaupt: Die Platte kann man so immerhin aus hundert anderen heraushören.

 

Obwohl die 14 Lieder von acht unterschiedlichen Beatbastlern geschraubt wurden, ist ein in sich stimmiges Soundbild entstanden. Man hört den Jungs an, dass sie sich nicht mehr austoben müssen, sondern den Fokus ganz klar auf einer runder Platte hatten. Ebenfalls positiv fällt auf, dass auf dem Großteil der vorhanden Songs gecuttet wurde, was die Plattensammlung so hergab.

 

„Auf die Neun“ ist eines dieser Alben, auf denen fast keine Fehler gemacht wurden. Da passt einfach so ziemlich alles. Leider wird es das Ding dessen ungeachtet trotzdem schwer haben, bei einer breiteren Masse Gehör zu finden. Denn am Ende des Tages ist „Auf die Neun“ durchaus gute Musik, der es etwas an Spannung fehlt.

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