Kurz & knapp #36: Arcade Fire, Dead Cross, Atypical, Splatoon 2…

So viele Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringen wir es daher auf den Punkt. Diesmal mit dabei: Coldplay, Tyler the Creator, Arcade Fire, MC Luxusliner, The Early Days, Dead Cross, Fights And Fires, The Duke Spirit, Friends from College, Atypical, Marvel‘s The Defenders, Toby: The Secret Mine, Uncharted: The Lost Legacy und Splatoon 2.

 

Tyler, the Creator “Flower Boy”

Mit der „Kaleidoscope EP“ machen Coldplay das, was sie am besten können: Fünf euphorisierende Pop-Hymen für die ganze Familie. Und damit es nach 21 Karrierejahren nicht langweilig wird, schauen Big Sean und die Chainsmokers vorbei. +++ Tyler, the Creator bleibt seinem Zweijahresrhythmus treu und veröffentlicht mit “Flower Boy“ sein viertes Studioalbum seit dem Debüterfolg „Goblin“ von 2011. Und die sechs Jahre zwischen den beiden Platten sind nicht spurlos am Odd-Future-Anführer vorübergegangen. Statt nicht jugendfreier Aussagen eines Jugendlichen präsentiert der 26-Jährige auf seinem neuen Werk durchdachtere und handzahmere Töne. Kaum ein Stück des mit Features nicht gerade sparsam umgehenden Albums kommt ohne massentauglichen Gesang aus. Da können bedrohliche Ausnahmen wie „Who Dat Boy“ oder „I Ain’t Got Time!“ fast schon als Beruhigung für die Hardcore-Fans verstanden werden. Dennoch machen die 46 Minuten Spielzeit Sinn und bieten gerade in der Gänze einen spannenden Einblick in Tylers Seelenleben. +++ Mit ihrem fünften Studioalbum „Everything Now“ bewegen sich Arcade Fire beschwingt zwischen Michael Jackson und Eurovision Song Contest. Und was erst einmal klingt wie ein Popmusikalbtraum, ist hochwertige Musik, zu der es sich besser tanzen als nachdenken lässt. Damit das Album klingt, wie es klingt, haben Win Butler und seine Gang Hilfe von Daft Punk, Portishead und Pulp eingeholt. Herausgekommen sind Hits wie „Creature Comfort“, „Put Your Money On Me“ oder „Signs of Life“, die noch übermorgen in der besten Indie-Disko der Stadt laufen werden. +++ Der Stuttgarter MC Luxusliner hat mit „Weil ich es kann“ eine EP veröffentlicht, die auf sieben Tracks zusammenfasst, was der Rapper am besten kann: Punchline-Rap, der angriffslustig, aber nie asozial ist. Hörer, die mit Battle-Rap nichts anfangen können, bekommen mit den Songs „Legenden“ und „In dein Herz“ tiefergehende Inhalte geliefert. Der Liner gibt mit dieser EP eine Visitenkarte ab, die nicht unbedingt zeitgemäß, aber handwerklich gelungen ist.

 

Dead Cross “Dead Cross”

Das Kölner Label Unter Schafen Records und die Partyreihe King Kong Kicks haben sich vereint, um mit dem Sampler The Early Days eine geschmackssichere Playlist zu erstellen, die der DJ deiner Lieblings-Indie-Disko nicht besser zusammenstellen könnte. Ob popkulturelles Allgemeingut von Joy Division („Transmission“), The Cure („Jumping Someone Else’s Train“) und den Pixies („Where Is My Mind?“) oder nicht ganz so bekannte Perlen von Crystal Castles („Crimewave”), The Robocop Kraus („Fake Boys“) und The Bravery („An Honest Mistake“) – „The Early Days“ punktet ohne einen Ausrutscher. In Zeiten von Spotify-Listen müssen sich die Macher nur die Frage nach dem Sinn dieser Kompilation gefallen lassen. +++ Mike Patton und Dave Lombardo haben mit Dead Cross eine Supergroup gegründet, die wie ein aggressiver Bastard aus Faith No More, Slayer und einer rostigen Kettensäge klingt. Das mit zehn Tracks übersichtlich gehaltene selbstbetitelte Debütalbum macht wenig Kompromisse und zeigt gerade den von Faith No More bekannten Sänger in erstaunlich flexibler Weise. Patton kreischt, grölt und singt, Lombardo und der Rest der Band knüppeln drüber als müsste eine Zombiehorde in die Flucht geschlagen werden. Dabei überschreitet kaum ein Stück die Drei-Minuten-Marke, was die Dringlichkeit dieser Platte, die sich vor allem in den kritischen Inhalten widerspiegelt, noch einmal unterstreicht. +++ Was 2008 als Schulband startete, findet mit der EP „Live Life Like A Tourist“ den vorläufigen Höhepunkt. Die britische Melodic-Hardcore- beziehungsweise Rock’n’Roll-Band Fights And Fires verschmilzt auf den acht Songs Melodien und Härte zu einem unwiderstehlichen Mix, der durch den gepressten Gesang von Vocalist Philip abgerundet wird. Das Stück „Take A Swing At The World“ könnten Wrestling-Fans bereits kennen, denn die deutsche Promotion wXw nutzt es als Titelmelodie für ihre wöchentliche Show „Shotgun“. +++ Neun verträumte Lieder präsentieren The Duke Spirit auf ihrem Album „Sky Is Mine“, das sich ideal eignet, um durch idyllische Schneelandschaften zu schlendern. Und wer hat dieses Bedürfnis nach dem heißen Sommer 2017 nicht?! Die Londoner verteilen auf die 35 Minuten Spielzeit Musik, die klingt, als hätten die Wikinger Lust auf Country bekommen.

 

Atypical

Nicholas Stoller, der für so mittelmäßige Komödien wie “Bad Neighbors 2”, “Fast verheiratet” oder “Männertrip” verantwortlich war, wagt sich mit Friends from College an ein komödiantisches Serienformat. Die Netflix-Produktion stellt die freundschaftlichen und vor allem sexuellen Mehrecksbeziehungen zwischen ehemaligen Kommilitonen in den Fokus. Das ist Coming-Of-Age für 40-Jährige mit einer großen Bandbreite an Figuren. Leider dürfen diese nur bedingt scheinen, was extrem schade ist. Denn gerade interessante Darsteller wie Nat Faxon oder Jae Suh Park verschwinden neben den „Stars“ Cobie Smulders und Keegan-Michael Key zu sehr im Hintergrund. +++ Unter dem Motto „Normal is overrated“ schlägt sich der 18-jährige Autist Sam in der Netflix-Serie Atypical durch seinen Alltag. Dabei steht vor allem das Anbandeln mit dem anderen Geschlecht im Mittelpunkt. Keir Gilchrist spielt die Charakterrolle so einnehmend, dass der Zuschauer hinter die Fassade des autistischen Spektrums blicken und Sam als einen intelligenten und einfühlsamen Menschen kennenlernen kann. Darüber hinaus überzeugt „Atypical“ durch einen Rest-Cast, der mit Schwester Casey, Vater Doug und Kumpel Zahid viele liebenswerte Figuren bereithält. Netflix hat eine Serie ins Programm genommen, die Autismus nicht plump darstellt, sondern zeigt, was die Entwicklungsstörung mit dem Betroffenen und seiner Familie machen kann. Das ist zum Lachen und zum Weinen zugleich. +++ Marvel’s The Defenders fühlt sich wie eine Belohnung für fleißige Zuschauer von „Daredevil“, „Jessica Jones“, „Luke Cage“ und „Iron-Fist“ an. Das Superheldenteam kommt in den acht Episoden der Netflix-Eventserie zusammen, um der Organisation „The Hand“ endgültig den Garaus zu machen. Doch bevor sie gemeinsam in den Kampf ziehen können, müssen bereits bestehende Handlungsstränge aufgegriffen und miteinander verwoben werden. „The Defenders“ benötigt etwa die Hälfte der ersten Staffel, um die Figuren abzuholen und zusammenzuführen. Genau das ist aber auch der Reiz der Serie. Reibungspunkte werden beseitigt und eine harmonische, aber dennoch diverse Einheit entsteht, die so sehr in den Bann zieht, dass Binge-Watching kaum vermeidbar ist. Vorsicht ist trotzdem geboten, denn wer erst mit „The Defenders“ in das Marvel-Serienuniversum einsteigt, wird nicht glücklich werden.

 

Splatoon 2

Wer „Limbo“ liebt, könnte Toby: The Secret Mine mögen. Der bereits 2015 veröffentlichte Puzzle-Plattformer ist vor einigen Wochen auch für die PlayStation 4 erschienen. Ähnlich wie im großen Bruder von Playdead steuert der Spieler in „Toby“ eine knuffige Figur durch eine Märchenwelt, die größtenteils aus schwarzen Silhouetten besteht. Atmosphärisch kommt der Titel nicht an „Limbo“ heran und auch die Rätsel erreichen nicht die gleiche Genialität. Wer sich ein neues Spiel dieser Art wünscht, wird mit den etwas mageren zweieinhalb Stunden „Toby“ dennoch glücklich werden. +++ Nachdem sich Nathan Drake letztes Jahr von den PlayStation-Spielern verabschiedete, schlägt Entwickler Naughty Dog mit Uncharted: The Lost Legacy ein neues Kapitel auf. Diesmal gehen nicht der sympathische Nathan-Fillion-Doppelgänger und sein Kumpel Sully auf Schatzsuche, sondern die aus der Reihe bereits bekannten Chloe Frazer und Nadine Ross. Sonst bleibt im Action-Adventure alles wie gehabt. Die vom Spieler gesteuerte Chloe klettert, schießt und rätselt sich durch Ruinen und Urwälder, hat es mit gnadenlosen Warlords zu tun und frotzelt mit Nadine um die Wette. Wer die Uncharted-Formel mag, wird mit „The Lost Legacy“ solides Futter bekommen. +++ Ebenfalls bekannte Kost ist Splatoon 2, das im Vergleich zum Vorgänger von 2015 wenig anders macht. Nach wie vor müssen die Multiplayer-Arenen des Third-Person-Shooters mit Farbe eingedeckt werden, als wäre das Holi Festival Of Colours auf der Nintendo Switch angekommen. Neu ist der Hero Mode – eine deutlich umfangreichere Solo-Kampagne – in dem Waffen freigespielt und Boni für den Online-Modus verdient werden können. Online anzutreten macht nach wie vor am meisten Spaß, wird jedoch von einem Voice-Chat getrübt, der lediglich über eine Smartphone-App genutzt werden kann. „Splatoon 2“ fühlt sich wie ein Update zum ersten Teil an, das ohne Zweifel Freude bereitet, hätte an manchen Stellen aber noch etwas mehr Raffinesse vertragen können.

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