Freiburg stimmt ein 2016: Eine Stadt wird zum Festival

Eine Stadt verwandelt sich in ein riesiges Festival-Gelände: „Freiburg stimmt ein“ ging am 19. Juni in die sechste Runde und hat wieder tausende Besucher auf eine musikalische Entdeckungsreise durch die Breisgau-Metropole geschickt.

 

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Blick vom Schloßberg

Am 19. Juni wurde Freiburg in ein 153 km² großes Open-Air-Gelände verwandelt. Denn das Musik- und Kulturfestival „Freiburg stimmt ein“ feierte sein sechsjähriges Bestehen und bot auf in der ganzen Stadt verteilten Bühnen ein vielfältiges Programm mit Musikern aus allen Stilrichtungen von Rock über Blues bis HipHop. 20.000 Besucher haben die Veranstalter des Vereins „Kultur leben“ 2015 gezählt und auch dieses Jahr waren die Straßen der südlichsten Großstadt Deutschlands wieder voll. Das trockene Wetter, das weder zu kalt, noch zu heiß war, trug sicherlich einen großen Teil zur ausgehfreundlichen Stimmung bei, die Lust machte, durch die Stadt zu schlendern, bekannte Orte zu besuchen und neue Ecken zu entdecken. Rund 1.000 Menschen sollen sich laut der Organisatoren ehrenamtlich engagiert haben, um Musik, Technik, Trank und Speisen sowie viele andere Angebote rund um Tanz, Kunst und Theater allen Freiburgern und Touristen – unabhängig ihrer finanziellen und kulturellen Ausgangssituationen – zugänglich zu machen.

 

Veganer Döner, Gute-Laune-Funk und keine Seepark-Bühne

 

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der Eschholzpark zu Beginn

Bei 18 teilweise recht zentralen Veranstaltungsorten in Altstadt, Stühlinger, Haslach und Wiehre, zum Teil aber auch etwas außerhalb in Rieselfeld, Waldsee und Zähringen gelegenen, hätten besonders fleißige Besucher mit guten Wanderschuhen ordentlich Kilometergeld sammeln können. Meine musikalische Stadtreise begann um 14 Uhr im Eschholzpark. Zu veganem Döner, einem alkoholfreien Getränkeangebot und einer familienfreundlichen Picknickatmosphäre servierten die Tuttlinger von ImPuls solide deutschsprachige Rockmusik. Sänger Sebastian Rist hatte zwar mit heißerer Stimme und einem zu so früher Stunde noch etwas berührungsängstlichen Publikum zu kämpfen, doch mein persönlicher Festivalstart ist den fünf Herren geglückt. Weiter ging es über die Dreisam rein nach Haslach. Im Kulturpark nahmen die Organisatoren der Jazz- und Rockschulen netterweise Musiker auf, die wegen der überschwemmten und daraufhin abgesagten Seepark-Bühne kurzfristig ihre Auftritte verloren haben. So durften vor dem Start des ursprünglich angedachten Programms Momo & Die grauen Herren ihren Saxofon-geschwängerten Gute-Laune-Funk spielen.

 

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gemütliche Atmosphäre in Fritz’ Galerie

Den Kulturpark in der Haslacher Straße und die Fritz‘ Galerie im Bahnweg trennen nur wenige Meter, weshalb ein Besuch des sympathischen Kunstraumes fast schon verpflichtend war. Zu leckerem Pilzrisotto musizierten sich Blues & Breakfast im grünen Innenhof des gemütlichen Geländes mit Gitarre und Kontrabass durch ihr ruhiges, dem Bandnamen entsprechendes, Programm. Vor Ort konnten sich Besucher auch die Zeichnungen des Spaniers Jonatan Alcina ansehen, der unter dem Titel „Ansichten eines Reisenden“ Bilder von Freiburger Wahrzeichen ausstellte. Doch die Zeit raste und ich wollte ich noch viele weitere Bühnen und Musiker sehen. Der Grünhof war daher die nächste Adresse auf der Wanderroute. Der aus allen Nähten platzende „Inkubator für die Startup-, Nachhaltigkeits- & Kreativszene in Freiburg“ hat sich sicherlich über den großen Andrang gefreut. Singer-Songwriterin Anne Pe hatte dagegen mit dem kommunikationsbedürftigen Publikum zu kämpfen, wodurch ihr liebenswerter Auftritt unter all dem Geschnatter leider etwas unterging.

 

Vom Schlossberg in den Colombipark und wieder zurück an den Start

 

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Dr. Moksha auf der Bühne der Mensabar

Kurz nach 17 Uhr traf ich im Mensagarten ein, wo es – dem Namen zum Trotz – keine Freiluftbühne gab. Leider wurde die Veranstaltung aufgrund des Wetters in die Mensabar verlegt. Die Riot Grrrls und Byyys von Dr. Moksha haben sich davon aber nicht beirren lassen und die wohl beste „Club-Show“ des Festivals gespielt. Nach der Laufpause im geschlossenen Raum ging es wieder raus auf die Straßen. Und diesmal stand ein größerer Marsch an. Der Schlossberg wollte erklommen werden, denn der Kanonenplatz lockte mit einem keine Genre-Grenzen kennenden Line-Up in aussichtsreicher Kulisse. Leider musste der entspannte deutschsprachige Pop von Huthson gegen einen viel zu lauten Generator ankämpfen. Hier muss sich nächstes Jahr unbedingt etwas tun, denn die Lust auf ein längeres Verweilen hat mir dieses penetrante Dauerstörgeräusch wirklich getrübt. Egal, denn das Angebot bei „Freiburg stimmt ein“ ist so reichhaltig, dass man einfach weiterziehen kann, wenn einem danach ist. Und da man abwärts immer schneller ist als aufwärts, fühlte sich der Weg zum Colombipark entsprechend kurz an. Dort animierten Die Haiducken mit ihrem Klezmer dazu, das Tanzbein zu schwingen. Die verbrannten Kalorien wurden anschließend mit einem frischen Crêpes wieder reingeholt.

 

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am Ende war der Eschholzpark doch voll

Der größte Miesepeter bei „Freiburg stimmt ein“ bleibt die Zeit. Das Angebot ist viel zu reichhaltig, weshalb Menschen, die nicht in der Lage sind, sich in Verzicht zu üben, wahnsinnig werden könnten. Um halb neun musste auch ich mir eingestehen, dass ich zwar viel, aber irgendwie trotzdem verdammt wenig gesehen habe. Den Abschluss eines gelungenen Tages wollte ich daher dort verbringen, wo die Reise für mich vor knapp sieben Stunden begann. FATCAT spielten im Eschholzpark auf einer mittlerweile beinahe komplett gefüllten Wiese ihren treibenden New Funk und beendeten gemeinsam mit dem Sonnenuntergang eine gelungene Veranstaltung, die mich auf eine Erlebnis-Tour durch Freiburg geschickt hat. Und auch nächstes Jahr dürfen wir uns auf „Freiburg stimmt ein“ freuen, denn für 2017 haben die Veranstalter schon große Pläne. Ein mehrtägiges Themenfestival mit weit mehr Angeboten als „nur“ Musik soll es geben. Ideen, Inspirationen und helfende Hände werden bereits gesucht.

 

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