Review: WWE Payback 2016

Mit „Payback“ sollte am 1. Mai ein neues Kapitel in der Geschichte der WWE eingeläutet werden. Neue Superstars, neue Strippenzieher, neue Champions: „The first pay-per-view of a New Era!“

 

Der „WrestleMania“-Wahnsinn ist vorbei und die WWE kann zum üblichen Geschäftsgebaren zurückkehren. Möchte man meinen. Denn der Untertitel der am 1. Mai stattgefundenen Großveranstaltung „Payback“ warf große Schatten voraus: „The first pay-per-view of a New Era!“ AJ Styles bekam bereits nach drei Monaten Unternehmenszugehörigkeit eine Chance auf den World Title, Sami Zayn und Kevin Owens feuerten ihre seit Jahren bestehende Rivalität an, Bret Hart und Ric Flair trafen in Vertretung von Natalya und Charlotte erneut aufeinander, das Finale eines spektakulären Tag-Team-Turniers um den Platz des Nummer-Eins-Herausforderers wurde ausgefochten, Dean Ambrose und Chris Jericho schickten sich an, ein Top-Match nach Plan abzuliefern und Vince McMahon höchstpersönlich schaltete sich in der Frage ein, ob Shane oder Stephanie McMahon zukünftig die Montagsshow „Raw“ leiten solle.

 

Vince McMahon will Blut sehen

 

„We Don’t Have To Dance“, tönte es zwischen den Matches immer wieder durch die Boxen des Fernsehers. Und Andy Blacks PPV-Song war Programm – getanzt wurde in der Allstate Arena von Chicago wahrlich nicht. Höchstens nach Vince McMahons Pfeife, denn der entschied in einem halbstündigen Segment vor dem Main Event, wer zukünftig die wöchentliche Flaggschiffshow „Raw“ leiten solle. Stephanie McMahon, die bei der letzten Raw-Ausgabe zurückkehrte oder Shane McMahon, der bei WrestleMania sein Match gegen den Undertaker verlor und somit – aller erzählerischen Konsequenz zum Trotz – eigentlich aus dem Rennen gewesen wäre. „CM Punk“-Rufe wurden laut, Vince McMahon ließ sich davon aber nur kurz aus der Fassung bringen, beschimpfte das Chicago-Publikum als Tiere und zählte die Errungenschaften der WWE auf. Selbiges taten sowohl Shane als auch Stephanie McMahon, die von den rund 13.250 Zuschauern enthusiastisch begleitet wurden. Doch die finale Entscheidung war so wirr wie der bisherige Verlauf der Storyline. Blut wolle Vince McMahon sehen, weshalb „Raw“ von nun an von beiden seiner Kinder geführt wird.

 

Und so wirr wie die Entscheidung Vince McMahons war auch die des Referees Charles Robinson (Stichwort: Little Naitch), der wegen einer angeblichen Aufgabe von Natalya im Women’s Title Match gegen Charlotte den Kampf beendete und damit einen ziemlich konstruierten „Chicago Screwjob“ provozierte. Da half auch ein Bret Hart nichts, der Ric Flair am Ende noch in den Sharpshooter nehmen durfte. Dieses Match, das der bei „WrestleMania“ neu eingeführten Women’s Championship mit einem weiteren unsauberen PPV-Sieg nicht gerade Reputation verlieh, sollte sensationell skandalös sein, hatte jedoch letztlich den Einschlag eines Wattebällchens. Viel besser erging es auch Baron Corbin nicht, der im ersten Match der Kickoff-Show klar gegen Dolph Ziggler dominierte, dann aber doch noch per Abstauber verlor. Weshalb schenkte man Corbin diesen Triumph nicht? Egal, denn das Match fühlte sich letztendlich so wichtig an wie Kevin James in „Der Kaufhauscop“.

 

Enzo Amore erlitt Gehirnerschütterung

 

Die wirklich grandiosen Matches kamen unter anderem von Dean Ambrose und Chris Jericho. Y2J brüllte, schimpfte, sprang, schlug und kickte um sich wie ein tasmanischer Teufel. Ambrose konterte mit heraushängender Zunge und grenzdebilem Blick. Beide wussten ganz genau, was sie im Ring zu tun hatten und lieferten ein Match ab, das schlichtweg erstklassig war. Genauso wie Kevin Owens und Sami Zayn, die ihre Fehde aus NXT-Zeiten fortführten und damit das sowohl erzählerisch als auch kämpferisch beste Match des Abends aufs Parkett brachten. Owens behielt häufig die Oberhand und machte den Sack schlussendlich auch zu. So wie es erfreulicherweise scheint, wird diese Rivalität fortgeführt, worunter Cesaro bereits in seinem anschließenden Match um den Intercontinental Title gegen The Miz zu leiden hatte. Denn weil die Streithähne Zayn und Owens nicht von sich lassen konnten, störten sie das Titelmatch und schenkten The Miz die nötige Ablenkung, um den Sieg einzutüten. Das könnten spannende Zeiten in Bezug auf die Intercontinental Championship werden.

 

Den Dämpfer des Abends gab es beim Tag-Team-Match zwischen Enzo Amore & Collin Cassady gegen die Vaudevillains um den Platz des Hauptherausforderers auf die Gürtel von The New Day. Simon Gotch whippte Enzo Amore gegen die Seile. Dieser versuchte dabei aus dem Ring zu gleiten, knallte jedoch mit dem Kopf gegen das zweite Ringseil. Das sah übel aus und führte bereits vier Minuten nach Beginn zum Abbruch des Matches. Glücklicherweise erlitt der immer beliebter werdende Wrestler „nur“ eine Gehirnerschütterung. Ryback, der mit CM-Punk-Gesten und „The Pre-Show Stopper“-Gürtel zum Ring kam, hatte sichtlich Bock. Das „WrestleMania“-Rematch gegen Kalisto um den United-States-Titel entwickelte sich zu einem der besten Ryback-Matches seit langem und bestach durch ein spannendes Finish. Kalisto setzte dem mit ständigen „Goldberg“-Rufen bedachten Ryback ordentlich etwas entgegen und gewann schlussendlich auch. Für ein Match, das im Rahmen der Kickoff-Show stattfand, richtig ordentlich. Auch wenn diese Auseinandersetzung Rybacks „The Big Guy“-Image mit dem Lucha Dragon nicht unbedingt gut getan hat.

 

Das Roman Empire besteht weiter

 

Das Main Event zwischen Roman Reigns und AJ Styles um den World Title stand bereits im Schatten der Entscheidung rund um „Raw“. Nach unschönen Finishes durch Auszählen und Disqualifikation ließ erst Shane McMahon das Match neu starten und anschließend noch einmal Stephanie McMahon. Wie es nicht anders zu erwarteten war, griffen auch Luke Gallows & Karl Anderson sowie die Usos für ihre jeweiligen Verbündeten ein. Meiner Meinung nach hätte das Einmischen der vier Freunde bzw. Verwandten gereicht, denn durch die Entscheidungen der McMahons wurde zu viel Unruhe in ein Match gebracht, das mit Reigns und AJ Styles bereits genug zu bieten hatte. Gerade Letzterer ging in der Rolle des Herausforderers auf den wichtigsten Titel des Unternehmens trotz Neuankömmlingsstatus perfekt auf. Am Ende war es dennoch Reigns, der unter einem Schwall von Buhrufen den Gürtel in die Höhe strecken durfte. Jetzt komplett zum Fiesling pushen und die Zukunft des Roman Empires wäre gesichert.

 

„WWE Payback 2016“ hatte nicht unter der Last zu leiden, die die „Road to WrestleMania“ mit sich brachte. Es konnte im Vorfeld endlich wieder mit weniger Druck eine Card zusammengestellt und frische Geschichten ins Rollen gebracht werden, die nicht wie „Royal Rumble“ oder „Fastlane“ der wichtigsten Veranstaltung des Jahres zuarbeiteten mussten. Dadurch entfaltete „Payback“ eine Lockerheit, die den klassischen Wrestling-Zirkus rund um simpel gestrickte Feindschaften und hochwertige Matches wieder etwas mehr in den Vordergrund rückte. Sicherlich hatte auch „Payback“ mehr als genug Tiefpunkte, doch der frische Wind, der seit einiger Zeit von der Entwicklungsliga NXT ins Main-Roster herüberweht, machte sich endlich bei einer Großveranstaltung der WWE bemerkbar. Dieser PPV war zwar nicht wirklich der Beginn einer neuen Ära, doch bot er genug Gründe, bei „Raw“ am darauffolgenden Montag einzuschalten. Und darum sollte es doch gehen.

 

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