Review: Whiskey Tango Foxtrot

„30 Rock“ trifft auf die Taliban: In „Whiskey Tango Foxtrot“ spielt Tina Fey die Auslandskorrespondentin Kim Baker während ihrer Zeit in Afghanistan. Herausgekommen ist eine schwarze Komödie, über die man sich nachhaltig Gedanken machen möchte.

 

Filme über Konflikte in den Krisenherden dieses Planeten sind entweder actionorientierte und dabei kriegsverherrlichende Zielgruppenstreifen oder bierernste politik- und religionskritische Tragödien, die durch möglichst schockierende Bilder aufrütteln möchten. Erfrischend, wenn sich ein Film einen anderen Ansatz traut und Figuren auf eine Art und Weise in den Mittelpunkt rückt, die sie nicht in den Superhelden- oder Opferstatus erhebt. 2011 erschien mit „The Taliban Shuffle: Strange Days in Afghanistan and Pakistan“ ein Buch, in dem die Auslandskorrespondentin Kim Baker über ihre Zeit in den beiden krisengebeutelten Ländern berichtet. Unter dem Titel „Whiskey Tango Foxtrot“ hat das bereits mehrfach erprobte Regie-Tag-Team Glenn Ficarra und John Requa (u.a „Focus“, „Crazy, Stupid, Love“ und „I Love You Phillip Morris“) diesen Stoff nun verfilmt und eine herbe Komödie geschaffen, die Spaß macht, wo man eigentlich keinen Spaß haben sollte. So wie es womöglich auch den Journalisten geht, die auf der Suche nach einer neuen Story und/oder dem nächsten Adrenalinschub Afghanistan unsicher machen.

 

Mit Galgenhumor über den Dingen stehen

 

„Whiskey Tango Foxtrot“ lebt von einer interessanten Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit, die man aus ähnlich gearteten Filmen wie „Good Morning, Vietnam“ kennt. Das funktioniert ausgesprochen gut, wird der kalten Fratze des Krieges doch mit einem warmen Lachen gegenübergetreten, was die Auseinandersetzung mit so viel Schrecken ansatzweise erträglich macht. Fraglich ist hingegen, ob „Whiskey Tango Foxtrot“ die wirklichen Schrecken kriegerischer Auseinandersetzungen verharmlost, indem er taffe Amerikaner und Europäer zeigt, an denen das Erlebte zwar nicht spurlos vorübergeht, sie aber dennoch mit einer Prise zu viel Galgenhumor über den Dingen und stellenweise auch dem einheimischen Volk stehen. So bleibt der fade Beigeschmack, dass die Afghanen als gesichtsloses und minderbemitteltes Volk herhalten müssen, deren Justizminister ein korrupter und vor allem würdeloser Hampelmann ist. Wenn dann doch ein Afghane mit Herz und Verstand auf der Leinwand auftaucht, ist er – oh Wunder – ein gebildeter Arzt.

 

In einem Interview mit Emertainment Monthly äußerte sich die echte Kim Baker zur Realitätstreue des Films bezüglich der Saufgelage und wilden Partys in Kabuler Nachtclubs: „You couldn’t find ways to escape that were really healthy. You couldn’t go for a run or go to the gym. So yeah, we drank”, erklärte sie und ging auch auf die Unterschiede zwischen Buch und Film ein: „Honestly, it feels like the core of the movie is the same as the core of the book. They used different things to tell the same story, which is, the idea of the life we led over there, the idea of being in this Kabubble.” Ob Baker – wie die sie großartig spielende Tina Fey – regelmäßig Witze und Sprüche über ihr Aussehen ertragen musste, ist fraglich, doch bei der attraktiven Fey alle zehn Minuten darauf herumzureiten, sie sähe aus wie ein Junge, überstrapaziert recht schnell diesen Running-Gag. Nichtsdestotrotz geht Tina Fey in ihrer Rolle auf, mimt die Entwicklung von der New Yorker Single-Frau mit langweiligem Bürojob hin zur kampferprobten Auslandskorrespondentin nachvollziehbar und bleibt darüber hinaus eine sympathische Figur, der man durch diesen Film gerne folgen möchte. Ähnlich gerne wie dem schottischen Fotografen Iain MacKelpie – wobei Darsteller Martin Freeman den Zuschauer zu Beginn richtig zappeln lässt.

 

Der Afghanistan-Krieg ist wie Sex mit einem Gorilla

 

„Es ist wie einen Gorilla zu ficken. Man wartet bis er aufhört“, antwortet der von Billy Bob Thornton sympathisch unsympathisch gespielte Prototyp-General Hollanek auf die Frage, wie er die zukünftige Entwicklung des Afghanistan-Krieges einschätzen würde. Dieser „scheiß drauf“-Humor zieht sich durch den kompletten Film und soll zeigen, was diese schreckliche aber doch so einnehmende Situation aus den beteiligten Menschen macht. Das alte Leben ist anfangs noch ganz präsent, doch zuhause drehen sich die Uhren ohne einen weiter und ehe man sichs versieht, hat man den Absprung nicht geschafft und nennt Afghanistan so etwas wie ein Zuhause, wo man eine Aufgabe hat, die einen erfüllt. Krampfhaft hält man sich noch an früher fest – beispielsweise symbolisiert durch einen Celtic-Glasgow-Schal – doch das wirkliche Leben lebt man jetzt hier und zurück in den alten Bürojob möchte man erst recht nicht. Dieses Gefühl kommt im Film herüber. Sehr gut sogar. Auch die Sensationsgeilheit der Reporterin Tanya Vanderpoel – gespielt von Margot Robbie – gipfelt in einer schaurig schönen Krankenhausszene, in der die menschlichen Verluste ob der guten Story samt Bildmaterial ganz schnell in den Hintergrund rücken.

 

Bakers Geschichten bieten sicherlich genug Stoff für eine Trilogie, knapp zwei Stunden mussten leider reichen. „Whiskey Tango Foxtrot“ ist einer dieser Filme, die tatsächlich eine von Ab- bis Vorspann fesselnde Geschichte erzählen, die dann aber auch auf Biegen und Brechen zu Ende gebracht werden muss. Das Finale wirkt daher zu hastig und ein sauberer Verlauf des Spannungsbogens geht völlig verloren. Das trübt jedoch den ansonsten positiven Eindruck von einem Film, der mit einem Budget von 35 Millionen Euro einen durch die Bank prominenten Cast, eindrucksvolle Landschafts- und Stadtbilder sowie das eine oder andere spektakuläre Militärspielzeug zu bieten hat. Wenn dann noch Bands wie House Of Pain und A Tribe Called Quest einen ungewöhnlichen Soundtrack bestehend aus Neunziger Jahre HipHop-Klassikern stellen, der entsprechende Szenen noch einmal cooler wirken lässt, kann ein Film wahrlich als gelungen bezeichnet werden.

 

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