Kurz & knapp #54: Rick Astley, Cuco, Deaheaven, The Ranch, Captain Spirit…

So viele Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringen wir es daher auf den Punkt. Dieses Mal dabei: Jamie Isaac, Rick Astley, Cuco, Deafheaven, Kamasi Washington, Heisskalt, Dark Tourist, The Ranch, Unbreakable Kimmy Schmidt & The Awesome Adventures of Captain Spirit.

 

Rick Astley “Beautiful Life”

„I feel it / Feel it / Keep my mind most / It’s the realest / Grabs me stronger almost every morning”, heißt es in „Eyes Closed“, dem sechsten Lied auf Jamie Isaacs „(04:30) Idler“. Der Erlösung, die mit dem Morgen kommt, geht jedoch eine Nacht voraus. Multiinstrumentalist Isaac schrieb der dunklen Tageshälfte mit seinem zweiten Studioalbum einen Soundtrack. Unterstützt von Saxophon und Piano versprühen die zwölf Songs eine friedliche Atmosphäre, die nur zwischen 1 und 4 Uhr existiert. Als das wirkliche Highlight auf „(04:30) Idler“ dürfen aber nicht der vielfältige Instrumenteneinsatz und die süßliche Crooner-Stimme bezeichnet werden, sondern die abwechslungsreichen Drum-Patterns, die sich mal hektisch, mal knallend und mal schleichend ihren Weg durch die Nacht bahnen. Musik für einen ganz bestimmten Zweck, die aber auch sonst hervorragend funktioniert. +++ 31 Jahre sind seit „Never Gonna Give You Up“ vergangen. Rick Astley blieb der Musik dennoch bis heute treu. Neuster Beleg für sein Durchhaltevermögen: Das achte Studioalbum „Beautiful Life“. Und das bietet gutgemachten Pop, der komplett in Eigenregie entstand. Bedeutet: Astley schrieb alles selbst und nahm anschließend im eigenen Studio auf. Herausgekommen sind gelungene Songs wie die Nostalgiehymnen „The Good Old Days“, das beschwingte „Chance to Dance“ und die wuchtige Ballade „Try“. Nix da mit Rickrolling. Mit diesem Astley kann noch immer gerechnet werden. +++ Songtitel wie „Sunnyside“ und “Summer Time High Time“ verraten bereits, dass Cuco mit der „Chiquito EP“ sommerliche Vibes verbreitet. Der Kalifornier legt Raps und Gesang im Laufe der 22 Minuten über verträumte Soundflächen, die sowohl Gemütlichkeit als auch die Freiheit der heißesten Jahreszeit perfekt einfangen.

 

Deafheaven “Ordinary Corrupt Human Love”

„Klingt ja gar nicht nach Black Metal“, könnten die ersten Gedanken beim Hören von „Ordinary Corrupt Human Love“ lauten. Was Deafheaven auf ihrem vierten Album abliefern, hat nix mit angezogener Handbremse zu tun. Die sieben Songs wollen gar nicht schneller als Schrittgeschwindigkeit. Immer wieder blitzen George Clarkes gespenstischen Growls und die Hochgeschwindigkeitspassagen durch, wirken zwischen den wunderschönen Melodien aber herrlich unwillkommen. Diesen Kontrast spielen Deafheaven perfekt aus und sorgen damit für noch mehr Abwechslung in ihrem sowieso schon facettenreichen Sound. +++ Der Typ, der Kendrick Lamars „To Pimp a Butterfly“ veredelte, hat mit „Heaven and Earth“ sein drittes Soloalbum herausgebracht. Doch Kamasi Washington sollte Musikinteressierten auch unabhängig von den Hip-Hop-Ausflügen ein Begriff sein. Fast zweieinhalb Stunden verteilt sich Washingtons in Ohren und Beine gehender Jazz auf ein Doppelalbum, das keine Minute zu lang ausfällt. Sei es der kämpferische Opener „Fist of Fury“, das geschmeidige „Journey“ oder das epische „Will You Sing“ – Jazz klang selten so zugänglich. +++ „Ich wär’ so gerne frei in meinem Denken / Doch meine bürgerliche Herkunft hindert mich daran“, heißt es im ersten Song von „Idylle“ – dem neuen Studioalbum von Heisskalt. Die Band hat die Schnauze voll, bringt die Platte als Reaktion auf Label-Querelen kostenlos über die eigene Website heraus. Die Musik verzichtet dementsprechend auf eingängige Refrains und große Popmomente. Der Mittelteil („Idylle“ & „Fest“) lebt stattdessen von Grooves. Der Rest wird in schweren Gitarren ertränkt, bevor die Platte mit „Herbstlied“ ein akustisches Ende findet. „Idylle“ ist ein Anti-Album, das in dieser Karrierephase gar nicht anders klingen darf.

 

The Ranch (Part 5)

Pünktlich zu den Sommerferien hat Netflix die Dokuserie Dark Tourist veröffentlicht, die sich mit dem titelgebenden Reisephänomen beschäftigt. Wer auf die Adria verzichtet und seine Freizeit lieber an Orten verbringt, die mit Tod und Tragödien verknüpft sind, wird in den acht Episoden viele Urlaubstipps erhalten. Journalist David Farrier besucht Fukushima, ein Voodoo Festival in Benin und Pablo Escobars Heimatstadt. Die Serie lebt von ihrem Protagonisten, der durch seine neugierige, aber respektvolle Art als ideale Projektionsfläche für den Zuschauer funktioniert. +++ Schon im Vorfeld war klar, dass die fünfte Staffel von The Ranch große Veränderungen einleiten wird. Danny Masterson musste nach Missbrauchsvorwürfen gehen und wird in Season 6 nicht mehr zu sehen sein. Diesen Umstand greifen die zehn neuen Episoden auf, was zum Ende des Charakters Rooster führt (auch wenn sich die Macher eine Hintertür offenlassen). Ansonsten hat sich nicht viel geändert. Familienoberhaupt Beau verhält sich bockig wie eh und je, Colt festigt die Beziehung zu Abby und gesoffen wird wie sonst nur auf Junggesellenabschieden. „The Ranch“ macht nach wie vor Spaß, punktet aber auch durch erzählerische Tiefe. +++ Netflix hat es nicht eilig. Statt alle Episoden der vierten und letzten Staffel von Unbreakable Kimmy Schmidt zu veröffentlichen, stehen erst einmal nur die Episoden 1 bis 6 zur Verfügung. Mit der siebten Folge geht es Anfang 2019 weiter. Und das ist nicht das Schlechteste. Die sechs neuen Episoden zeigen deutlich, wie sehr sich der Humor bestehend aus albernen Wortspielen und Verwechslungen über die letzten drei Jahre abnutzte. So werden die Zuschauer mit einem Dutzend neuer Folgen nicht völlig übersättigt, sondern können das Ende der sympathischen Kimmy Schmidt häppchenweise genießen.

 

The Awesome Adventures of Captain Spirit

Nachdem Deck Nine mit „Before the Storm“ letztes Jahr ein Prequel veröffentlichten, kehren Dontnod Entertainment in das eigentlich von ihnen erschaffene „Life is Strange“-Universum zurück. The Awesome Adventures of Captain Spirit lautet der Titel einer Demo, die auf „Life is Strange 2“ Lust machen soll. Nach dem Tod seiner Mutter lebt der junge Chris zusammen mit seinem Vater im verschneiten Beaver Creek, Oregon. Während sich der Vater in Alkohol flüchtet, taucht Chris mit dem Superhelden-Alter-Ego Captain Spirit in Fantasiewelten ab. Obwohl die Demo mit einer Laufzeit von zwei Stunden und einem begrenzten Level nicht gerade durch Fülle überzeugt, zieht sie durch die schwierige Beziehung der geschrumpften Familie sofort in ihre Welt. Eine bedrückende Melancholie, die durch Musik von Sufjan Stevens verstärkt wird, schwebt die ganze Zeit über dem Szenario. Wie schon die Vorgänger überzeugt auch „Captain Spirit“ nicht durch ausgetüfteltes Gameplay. Herumlaufen, Gegenstände sammeln, an andere Stelle verwenden, Quicktime-Events ausführen und Dialogentscheidungen treffen – die große Action bieten andere Spiele. Zum Glück, denn „Life is Strange“-Adventures überzeugen durch berührende Geschichten und nicht durch Explosionen. Auch wenn das bedeutet, dass man gemeinsam mit seiner Spielfigur minutenlang auf dem Baumhausausguck sitzt und nichts macht, außer Sufjan Stevens zu lauschen: „I forgive you, mother, I can hear you / And I long to be near you / But every road leads to an end / Yes every road leads to an end”.

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