Review: Batman – Das unsterbliche Grauen
James Gordon darf noch ein letztes Mal als Roboter-Batman ran. Leider fällt „Das unsterbliche Grauen“ unsterblich langweilig aus. Was „Batman 57“ trotzdem gut macht, erfahrt ihr in der Comic-Review.
In der Welt der Superheldencomics ist es nicht außergewöhnlich, wenn vermeintlich in Kryptonit gemeißelte Regeln gebrochen werden. So wurde der erste Green Lantern Alan Scott 19 Jahre nach seinem Debüt von Hal Jordan abgelöst. Ist heute von der Grünen Laterne die Rede, werden sich wohl nur noch die hartgesottenen Fans an das Original erinnern von 1940. 2014 schnappte sich Jane Foster Thors Hammer Mjolnir und war fortan die weibliche Version des nordischen Donnergottes. Die Guardians of the Galaxy bestanden seit ihrem ersten Erscheinen 2008 nicht durchweg aus den gleichen Gründungsmitgliedern, sondern zwischenzeitlich auch aus Helden wie Iron-Man, Captain Marvel oder Ben Grimm. Und darüber hinaus machen es die unzähligen Parallelwelten und Zeitreisegeschichten unmöglich, ein Maß an Beständigkeit zu erwarten.
Als es hieß, Commissioner James Gordon würde in die Rolle des Batman schlüpfen, waren Kritiker und Fans dennoch überrascht. Natürlich hat auch der Rächer im Fledermauskostüm Inkarnationen – beispielsweise von Azrael oder den ehemaligen Robins Dick Grayson, Jason Todd, Tim Drake und Damian Wayne – erhalten, doch Bruce Wayne
ist so sehr mit seiner Rolle verzahnt, dass Gotham Citys Vorzeigepolizist als Nachfolger nur schwer vorstellbar war. Pünktlich zum „Free Comic Book Day“ im Juni 2015 debütierte Gordon in der ersten Ausgabe von „Divergence“. Weitere Auftritte folgten in der Batman-Hauptserie „Detective Comics“, von denen diejenigen in der zehnteiligen Geschichte „Superheavy“ besonders hervorzuheben sind. Gordon trainierte sich körperlich zum Superhelden hoch und schlüpfte in eine von seiner Stadt finanzierte Roboterrüstung mit Fledermausohren.
Eine neue Ausrichtung, die nicht allen gefällt
Robocop trifft auf Batman. „Superheavy“ überraschte mit einer völlig neuen Ausrichtung Batmans, die nicht allen Lesern gefiel. Düstere Assassinen-Abenteuer mussten brachialer High-Tech-Action weichen. Gordons Polizeivergangenheit kam Waynes detektivischer Arbeit noch am nächsten, alles andere war neu. Statt Alfred gab es Alfreds Tochter, statt einer Bathöhle einen Zeppelin, statt eines Batmobils einen Panzer. Die letzten Monate standen im Zeichen des neuen Batmans – ob die Fans wollten oder nicht. Und auch andere Serien wie „Batgirl“ und „Robin War“ kamen nicht ohne kurze Besuche Gordons aus. Doch keine Sorge, Bruce Wayne ist nicht begraben. Mit dem DC-Relaunch „Rebirth“ werden ab Februar auch in Deutschland wieder alte Verhältnisse geschaffen. Vorher darf Gordon aber noch ein vorerst letztes Mal in Ausgabe 57 der monatlichen Batman-Reihe ran.
„Das unsterbliche Grauen“ heißt die in einem Heft abgeschlossene Geschichte, in der James Gordon von einem Vorfall aus seiner Vergangenheit eingeholt wird. Nachdem ein ehemaliger Armeekamerad in Gotham City ermordet wird, begibt er sich nach Afghanistan, um dem Vorfall auf den Grund zu gehen. In den USA bereits im Juni und Juli 2016 unter dem Titel „Our Gordon at War“ erschienen, wird noch einmal deutlich, was so merkwürdig an diesem neuen James Gordon ist. Der schnauzbärtige Brillenträger ist zu einem muskelbepackten Actionhelden geworden, der nicht besonnen wie früher handelt, sondern wie Batman mit Angst und Schrecken an seine Informationen gelangt. Die Chance, Batman eine neue, gar ungewöhnliche Ausrichtung zu geben, wurde vertan. So fühlt sich der Fledermausmann nur wie eine gealterte Version Bruce Waynes an.
Zwischen Kaffee und Morgentoilette entstanden
Der Verlauf der Geschichte ist spannungsarm und auch die Auflösung des Falls kann als enttäuschend bezeichnet werden. Lediglich die Einblicke in Gordons Militärvergangenheit bieten Anreize, sich durch die 48 Seiten zu blättern. Autor Peter J. Tomasi ist ein Batman-Veteran, „Das unsterbliche Grauen“ wirkt dennoch, als hätte er den Plot zwischen Kaffee und Morgentoilette auf ein Taschentuch gekritzelt. Leser, denen die Geschichte egal ist und stattdessen auf Krawall mit der Robo-Rüstung hoffen, werden ebenfalls enttäuscht. In „Superheavy“ trug Gordon den High-Tech-Anzug noch deutlich häufiger, in diesem Heft lediglich im finalen Kampf. Da Panini die Geschichten mit dem neuen Batman nicht chronologisch korrekt veröffentlichte, fungiert diese – in den Staaten lediglich als Lückenfüller eingeschobene Ausgabe – hierzulande als großes Finale der Gordon-Saga.
Visuell ist die 57. Ausgabe der Batman-Serie eine spannende Angelegenheit. Ohne sich allzu sehr vom gewohnten Stil der „Gordon als Batman“-Abenteuer abzuheben, schafft Zeichner Fernando Pasarin mit der warmen und hellen Kulisse Afghanistans einen starken Kontrast zum kalten und dunklen Gotham City. Gordon beklagt sich im Laufe der Geschichte über die Hitze, die durch seinen engen Anzug verstärkt wird. Dies hätte er nicht aussprechen müssen. Als Leser spürt man dieses lebensfeindliche Klima, möchte die Schuhe ausziehen und den Wüstensand Südafghanistans ausschütten. Das alles wird jedoch nicht helfen, diese Geschichte in Erinnerung zu behalten. Dafür ist der Spannungsbogen nicht fesselnd genug. „Das unsterbliche Grauen“ ist ein Schlusspunkt, den James Gordons Batman-Version nicht verdient hat.
Bereits am 14. Februar erscheint „Batman 58“. Darin wird Bruce Wayne wieder in das Kostüm der Fledermaus schlüpfen. Über eine Rückkehr von James Gordon als dunkler Ritter ist bisher noch nichts bekannt.
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