Sepultura: Max & Iggor Cavalera spielen „Roots“ in voller Länge

9.8.2017 - Freiburg, Jazzhaus

So motiviert wie Max Cavalera war auch das Publikum

Seit 2016 touren Max & Iggor Cavalera mit dem Sepultura-Album „Roots“ durch die Welt. Und auch 21 Jahre nach der Veröffentlichung funktioniert die Platte noch, als hätte Olli Bierhoff gerade erst das Golden Goal geschossen.

 

„Wer nach dem Anhören dieses Klassikers noch behauptet, Sepultura seien nur Krach und Schreierei, kann sich getrost wieder den Playmobil-Ghettoblaster schnappen und zu den Kinderliedern von Rolf Zuckowskys rumjapsen“, schrieb POWERMETAL.de im Jahre 2000. Doch nicht alle Kritiker sind sich einig, ob „Roots“ – das 1996 erschienene vierte Album der brasilianischen Thrash-Metal-Institution Sepultura – der Meilenstein ist, zu dem er ständig erhoben wird. „‘Roots‘ ist eine gute Platte, mehr nicht“, zog Frank Albrecht in der RockHard sein Fazit und formuliert es damit deutlich netter als Axl Rosenberg in der Kolumne „Noisey Vs. MetalSucks“: How can anyone be expected to take this album seriously in a world where the same band has given us such majestic releases as ‘Arise’ and ‘Chaos A.D.’?”

 

Über Genre-Grenzen hinaus ein Erfolg

 

Fakt ist: “Roots” hat sich – unabhängig von der musikalischen Qualität – einen Platz in den Bestenlisten erspielt. Und – viel wichtiger – das auch über die Genre-Grenzen des Metals hinaus. „Roots“ ist ein 70-minütiger Brocken, der nicht nur von Hardcore- und Crossover-Elementen lebt, sondern auch Musik brasilianischer Ureinwohner einfließen lässt. So enthält das Album Schlagzeug- und Gesangs-Samples, die direkt an der Quelle in den Urwäldern des brasilianischen Nordens aufgenommen wurden. Das ist mutige Kreativität, die zur damaligen Zeit ihresgleichen suchte. Belohnt wurde die Band mit der Manifestierung ihres Legendenstatus und Goldenen Schallplatten in Ländern wie Australien, Großbritannien, den USA, Kanada, Frankreich, Österreich und natürlich Brasilien.

 

 

Hinter den Kulissen brachte der Erfolg keinen Frieden. Sänger und Gitarrist Max Cavalera verließ die Band noch im Jahr der „Roots“-Veröffentlichung im Streit, um 1997 die ebenfalls erfolgreichen Soulfly zu gründen. Sein Bruder und Schlagzeuger Iggor hielt noch bis 2006 durch, bis er sich wieder mit Max versöhnte. 2007 formten die beiden Sepultura-Gründungsmitglieder die nach ihnen benannte Metal-Band Cavalera Conspiracy, mit der sie bis heute aktiv sind. Sepultura existiert unter den Fittichen von Andreas Kisser, der 1987 und somit drei Jahre nach Gründung zur Band stieß, immer noch. Anfang 2017 veröffentlichten sie ihr 14. Studioalbum „Machine Messiah“. Die beiden Cavalera-Brüder konzentrieren sich hingegen auf das „Roots“-Album und spielen dieses seit 2016 auf Touren in voller Länge.

 

So muss die Record Release Party gewesen sein

 

Am 9. August 2017 kamen auch Freiburger Metalheads in den Genuss der Platte. Max & Iggor traten im Jazzhaus auf und waren motiviert, als wäre dies die Record Release Party. Max Cavalera – der wie eine gealterte Version des WWE-Ringers Bray Wyatt aussah – feuerte sein Publikum immer wieder zum Springen, Moshen und Schreien an. Wer für Toilettengänge oder Bierkäufe von der einen auf die andere Seite des Jazzhauses wollte, hatte ein Problem. Ein klatschnasser Boden und durchgeschwitzte Körper waren das Resultat von Max‘ Motivationsgegröle. Kollateralschäden wurden hingenommen, denn Freiburg war verdammt gut drauf und schrie mit, als stünde ein Sonntag- und kein Donnerstagmorgen bevor: „We’re growing every day, getting stronger in every way!“

 

 

Von dieser Energie profitierte auch die Vorgruppe Ayahuasca, denen die Tourstrapazen anzuhören waren. Sänger Sliman kämpfte mit seiner Stimme, die auf den letzten Metern dann doch versagte. Max und Iggor, die von 21 Uhr bis halb 11 ohne Ermüdungserscheinungen durcharbeiten, konnte das nicht passieren. Immer wieder musste das Publikum rhythmisch mitgrölen: „Ey! Ey! Ey!“ Irgendwann hatte dann auch die Technik genug, was Max locker wegkommentierte: „This is rock’n’roll!“ Nein, dieser Auftritt war mehr als nur Rock’n’Roll. Max, Iggor und ihre Mitmusiker bollerten das komplette „Roots“-Album hochmotiviert herunter, brachten außergewöhnliche Instrumente mit und machten mit Hilfe von Einspielern auch nicht vor den Interludes und Skits der Platte halt. Das hätte kein Playmobil-Ghettoblaster hinbekommen.

 

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