Review: Es

Horrorclown Pennywise hat sich einem 2017er Update unterzogen und ist jetzt noch gruseliger. Der eine Junge aus „Stranger Things“ und seine Kumpels müssen das in „Es“ ausbaden.

 

2017 erlebte der Horrorfilm eine Wiedergeburt, mit der niemand gerechnet hätte: „Jigsaw“ brachte eine alteingesessene Reihe zurück, „Rings“ machte die „The Ring“-Serie nach zwölf Jahren Pause zur Trilogie, „Get Out“ entwickelte sich sowohl zum Kritiker- als auch Publikumsliebling und zuletzt spielte die Stephen-King-Verfilmung „Es“ so viel Geld ein, dass der Horrorstreifen der erfolgreichste seines Genres wurde. Und der „Es“-Erfolg überrascht doppelt: Zum einen glänzte dieses Jahr die King-Verfilmung „Der Dunkle Turm“ nur bedingt und zum anderen existiert mit einem TV-Film von 1990 bereits eine annehmbare „Es“-Version.

 

Kinder, denen der Arm abgerissen wird

 

„Es“ hat in Deutschland eine Altersfreigabe von 16 Jahren erhalten. Das bedeutet aber nicht, dass Regisseur Andrés Muschietti, der bereits 2013 mit „Mama“ für Gänsehaut sorgte, zimperlich ans Werk gegangen ist. Bereits in der Eröffnungsszene, in der Georgie auf Pennywise trifft, wird einem Kind der Arm abgerissen. Eine spätere Blutdusche, die Teenagerin Beverly ertragen muss, untermauert die explizite Bildsprache, an der sich Muschietti bedient. Kinogänger, die nun Szenen aus „Tanz der Teufel“ im Kopf haben, müssen nicht abgeschreckt sein. Trotz aller Splatter-Elemente definiert sich „Es“ nicht über exzessive Gewalt, sondern über die Inhalte.

 

Und das wirkt sich auch auf die restlichen Genre-Merkmale aus. Der Horror in „Es“ funktioniert nur in kleinen Teilen über klassische Horrorfilmwerkzeuge wie Jump-Scares. Stattdessen punktet der Film durch eine Inszenierung, die sich von Genreklischees abhebt. „Es“ hat eine Gruselvilla. Doch die Protagonisten müssen gar nicht erst eintreten, das Grauen findet schon bei strahlendem Sonnenschein im Vorgarten statt. Wenn es dann doch dunkel wird, verzichtet „Es“ auf eine minimalistische Ausleuchtung. Stattdessen blitzt aus jeder Ritze der Kanalisation das Tageslicht hervor und tränkt die engen Tunnel in bläulich-kaltes Licht.

 

Die gruseligste Gestalt des Kinojahres

 

In „Es“ werden die Ängste der Kinder thematisiert. Sich diesen als Gemeinschaft zu stellen, ist die Botschaft des Films. Erst werden die Bullys der Stadt in die Flucht geschlagen, anschließend wird sich von den Eltern losgelöst und zu guter Letzt Pennywise besiegt. Pennywise ist der Horrorclown, der die Urängste der Kinder verkörpert. Und auch der Zuschauer braucht starke Nerven, um beim nächsten Zirkusbesuch nicht wild um sich zu schlagen. Das barocke Kostüm, die gelben Augen und die geschminkten Pausbacken machen den von Bill Skarsgård gespielten Clown zur gruseligsten Gestalt des Kinojahres.

 

Sicherlich hat der Hype um die Kinderschauspieler aus „Stranger Things“ einen Teil dazu beigetragen, dass „Es“ für die breite Masse interessant ist. In der Rolle des Richie Tozier spielt mit Finn Wolfhard sogar einer der Netflix-Buben mit. Aber auch der restliche Cast weiß zu überzeugen und formt eine Goonie-hafte Jugendbande, deren freundschaftliche Verbindung authentisch wirkt. Der in vielen Rezension gezogene Vergleich mit dem Coming-of-Age-Film „Stand by Me“ ist nachvollziehbar. Da ist es nur konsequent, dass die Szenen mit den erwachsenen Versionen der Kinder, die es in der TV-Verfilmung noch gab, komplett gestrichen wurden.

 

Der Film lebt neben den Jungschauspielern von einem weiteren Punkt, den er mit „Stranger Things“ gemein hat. Musik von New Kids On The Block und Easter Eggs wie „Nightmare On Elm Street 5“-Werbung versetzen die Kleinstadt Derry zurück in den Sommer 1989. Das macht „Es“ zu einem liebevoll ausgeschmückten Film mit Figuren, denen man gerne dabei zu sieht, wie sie sich in ihrer Welt bewegen. „Es“ ist mehr als nur ein weiterer Horrorfilm, der seine gesichtslosen Protagonisten von einem Schreckensszenario in das nächste schickt. Hier bedeuten die Figuren und ihr Wohlergehen noch etwas.

 

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.




Facebook
Instagram
Twitter
YouTube