Kurz & knapp #49: Hop Along, En Vogue, Post Malone, Ufo361, Pennywise…
So viele Neuerscheinungen und so wenig Zeit, all diese Platten, Filme, Spiele und Comics ausführlich zu behandeln. Im Format “Kurz & knapp” bringen wir es daher auf den Punkt. Dieses Mal dabei: KMPFSPRT, Hop Along, Sting & Shaggy, New Deadline, En Vogue, Wiegedood, Fantasma Goria, Post Malone, Famous Dex, Ufo361 & Pennywise.
KMPFSPRT kehren nach dem poppigen „Intervention“ von 2016 mit „Gaijin“ zum härteren Sound ihrer Anfangstage zurück. Das trifft sich gut, denn wir leben in Zeiten, in denen nicht laut genug gegen Ungerechtigkeiten angeschrien werden kann. Und so positionieren sich die Kölner Punks auf den elf Stücken als herzliche Außenseiter, die nie dazugehören wollten. „Tanz, tanz auf den Trümmern der Welt“, heißt es im Opener. Die Band möchte die Welt deshalb noch lange nicht brennen sehen. Viel eher möchte sie mit hymnenhaften Songs dazu ermutigen, das Blut auszuspucken, die Schulter wieder einzurenken und weiterzumachen, als wäre man unbesiegbar. +++ „How simple my heart can be / Frightens me”, stellt Frances Quinlan auf dem Opener von “Bark Your Head Off, Dog” – dem vierten Album ihrer Band Hop Along – fest. So simpel sind auch die neun kurzweiligen Alternative-Stücke, die von eingängigen Melodien, dem Einsatz von Streichern und Quinlans charismatischer Stimme leben. Dabei ist die Musik zumindest inhaltlich nicht so einfach gestrickt, wie es der anfängliche Eindruck erscheinen lässt. Menschliche Beziehungen, das Älterwerden und die eigene Position in dieser Welt sind inhaltsschwere Themen, für die Quinlan immer die richtigen Metaphern findet. +++ Sting & Shaggy manifestieren ihre Freundschaft mit dem Kollaborationsalbum „44/876“. Und was erst einmal ungewöhnlich scheint, funktioniert erstaunlich gut. Denn „Mr. Bombastic“ und der „Englishman in New York“ harmonieren, bleiben ihren eigenen Stilen dennoch treu. Dass in sozialkritischen Stücken wie „Crooked Tree“ sogar inhaltliche Tiefe hinzukommt, kann bei diesem tanzbaren Wohlfühlpop mit karibischen Rhythmen schnell übersehen werden. „44/876“ ist vermutlich das beste Album, das die beiden Musiker zum jetzigen Zeitpunkt machen konnten.
„To Hope“ von den Finnen New Deadline könnte als echter Geheimtipp für Freunde emotionaler Rockmusik mit Punk-Einschlag durchgehen – wäre es nicht so langweilig. Eingängige Stücke wie „Runaway“, „Evelyn“ oder „Rainy Days“ sind gut gemacht und Sänger Jonas Aaltio hängt sich richtig rein, um von glasklarem Gesang bis schmerzerfülltem Geschrei alles abzudecken, was das Genre verlangt. Trotzdem will der Funke im Laufe der 30 Minuten nicht überspringen. Auch nach dem fünften Hördurchgang bleibt nix in Erinnerung. +++ Fast eineinhalb Dekaden sind seit „Soul Flower“ vergangen. Eine Zeit, die nicht viele Musiker verstreichen lassen können, ohne dass der Zeit der Zahn an ihnen nagt. Die R’n’B-Girl-Group En Vogue greift mit ihrem siebten Studioalbum „Electric Café“ trotzdem noch einmal an. Krampfhaft modern möchten sie dabei zum Glück nicht klingen. An Hits wie „Free Your Mind“ und „Don’t Let Go (Love)“ sind sie immer noch näher dran als an aktuellen Soundentwürfen. In Stücken wie „So Serious“, „Blue Skies“ und „Reach 4 Me“ schafft es das Trio, unaufgeregten R’n’B mit Flashback-Vibe zu kreieren, der in „Have a Seat“ sogar durch einen Snoop-Dogg-Gastvers bereichert wird. Unangenehm wird es nur dann, wenn sie wie in „Love the Way“ überproduzierte Ibiza-Momente provozieren. Diese bleiben aber im Rahmen, weshalb „Electric Café“ als geglücktes Comeback bezeichnet werden kann. +++ Das Metal-Trio Wiegedood beendetet mit „Doden Hebben Het Goed III“ ihre Albumtrilogie. Und das machen die Belgier nicht auf Samtpfoten, sondern mit einem beherzten Schlag in die Fresse. Dafür brauchen sie nur vier Songs verteilt auf eine halbe Stunde, die von der ersten Sekunde an losschmettern. Die in Hochgeschwindigkeit gespielten Soundwände werden immer wieder aufgebrochen. Doch das Luftholen ist nie von langer Dauer. „Doden Hebben Het Goed III“ ist ein kurzweiliger Black-Metal-Ritt, der mehr als nur weißes Rauschen ist.
„Irgendwann ist mir klargeworden, dass normal sein, komplett scheißegal ist“, erklärte Fantasma Goria 2017 im Interview mit der Backspin. Völlig aus dem Rahmen fällt ihre neue EP „Fantasma Remix Safari“, für die sie acht Neuabmischungen alter Songs in Auftrag gegeben hat, trotzdem nicht. Beatbastler wie Neuz040, Hans Nieswandt oder Punk Pauli haben Instrumentale gezaubert, die sich an Rock-, Hip-Hop-, Funk-, Elektro- und Jazzelementen bedienen. Das gibt Fantasma Gorias verspielter Stimme noch mehr Raum zu scheinen. Wer bierernsten und trocken produzierten Rap mag, wird mit der „Remix Safari“ nicht warm werden. Alle anderen könnten über diese EP einen perfekten Zugang zu der extravaganten Hamburgerin finden. +++ Post Malone ist in einer Phase seines Lebens gefangen, in der sich alles um Partys, Groupies und Reichtum dreht. Dass das nicht anhalten wird, weiß der 22-Jährige. Was und ob danach noch etwas kommen wird, macht ihm Angst. Eine Angst, die sich auf seinem zweiten Studioalbum „Beerbongs & Bentleys“ in einer melancholischen Grundstimmung widerspiegelt. „All this stuntin’ couldn’t satisfy my soul / Got a hundred big places, but I’m still alone”, heißt es beispielsweise im programmatisch betitelten “Rich & Sad”. Die 18 Tracks sind per se keine Hits, schleichen sich aber von Hördurchgang zu Hördurchgang an, um plötzlich durch die Hintertür hereinzuplatzen. Wer Spaß an „Beerbongs & Bentleys“ haben möchte, muss sich fallen lassen. +++ Auch Famous Dex setzt sich mit seiner Situation als steinreicher Jungmusiker auseinander. Frauen wollen sein Geld und alte Freunde wenden sich vor Neid ab. Ihn auf diese Inhalte zu reduzieren, wäre aber unfair. Dafür ist „Dex Meets Dexter“ eine viel zu kurzweilige Angelegenheit. Der 24-Jährige wechselt die Flows wie seine Side-Bitches. Mal rappt er über atmosphärische Keyboardspuren („Light“), mal lässt er sich von einem eingängigen Vocal-Sample unterstützen („Pick It Up“), mal nimmt er es mit einem Gitarrenriff auf („Prove It“). Gut das alles – Albumeinstand geglückt!
Von der Fachpresse wird „808“ – das zweite Studioalbum von Ufo361 – hochgelobt. Und was der Berliner auf den 13 Tracks vollbringt, ist tatsächlich bemerkenswert. In Zeiten, in denen Rapper den Stimmverzerrer strapazieren, ist es erfrischend, wenn ein Musiker zeigt, was mit Autotune noch möglich ist. Ufo361 spielt mit seiner Stimme, wechselt die Flows, passt sich an seine Beatunterlagen an. Die Instrumentals sind dabei die große Stärke von „808“, denn sie machen die Platte praktisch zu einem Konzeptalbum, wird doch fortwährend eine Bassdrum verwendet, die ursprünglich aus der legendären Drum Machine Roland TR-808 stammt. Inhaltlich geht Ufo361 weniger interessante Wege. Er erzählt die klassische Geschichte vom Typen, der nichts hatte, sich aber alles holte. Spannend wird es erst, wenn er auf dem Track „Alpträume“ das Schutzschild fallen lässt und von seinen Ängsten berichtet. „808“ flacht mit der Albumhälfte zwar ab, bleibt dennoch ein überdurchschnittlich gutes Deutschrap-Release. +++ Was können Fans 2018 von einem neuen Pennywise-Album erwarten? Alles und nix ist wohl die beste Antwort. Denn dass Jim Lindberg und seine Band im 30. Karrierejahr an ihrer durchgestylten Punk-Rock-Formel nichts mehr ändern werden, wird so viele Menschen langweilen wie freuen. „Never Gonna Die“ ist die Pennywise-Kost, die gealterte Anhänger gedanklich in die Teenager-Zeit befördern. Hymnen, die zum Fäusterecken anregen, gibt es mit den passend betitelten „Keep Moving On“, „A Little Hope“ oder „Won’t Give Up The Fight“ zuhauf. Zum Glück klingen diese nicht wie aus der Zeit gefallen. Damit schneiden die Kalifornier besser ab, als ihre schwedischen Kollegen von No Fun At All, die mit „Grit“ ebenfalls auf ein Genre-Revival pochen.
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