Review: Hänsel & Gretel – Hexenjäger

Der Plot ist ja schon irgendwie geil: Hänsel und Gretel (ja genau, die aus dem Märchen der Gebrüder Grimm!) sind erwachsen geworden und treten nun auch hauptberuflich Hexen ins Feuer. Ein Spaß für jung und alt, der dabei nicht viel brutaler geraten ist als die Inspirationsquelle: Hänsel & Gretel sind Hexenjäger!

 

Ausgestattet mit Ledermänteln und jedweden technischen Spielzeug, macht sich das Geschwisterpaar im Laufe der 88 Filmminuten ins bayrisch-schwäbische Augsburg auf, um der Oberhexe Muriel den Dämonenhintern zu versohlen. In einer Mischung aus Fantasy-, Horror- und Actionfilm erinnert das Popcornspektakel an eine Mittelalterversion von „Supernatural“. Statt mit einem Chevrolet Impala wird sich eben auf fliegenden Besen fortbewegt. In „Hänsel & Gretel“ sind Hexen jedoch keine alten Omas mit Warzen auf den Nasen, sondern überaus fitte, im Nahkampf erprobte, Mini-Orks, die privat auch ganz gerne Parcours zu laufen scheinen.

 

Nach der dritten Kampfszene fragt man sich zwar schon ein wenig, was dieser von Tommy Wirkola gedrehte Film eigentlich soll, einer gewissen Faszination ob des Themas kann man sich trotzdem nicht erwehren. Ein Crossover-Film, der wie eine Kombination aus Pommes und Apfelmus funktioniert. Obst auf der Pizza klingt ja auch erst einmal unvereinbar. Hänsel und Gretel werden dank einer Mixtur aus klassischem Märchen und modernem Film zu Popstars hochstilisiert, die cool und hart sein dürfen. Darüber hinaus wird beispielsweise der architektonische Look einer altmodischen Welt mit neuzeitlichen Elementen wie Plattenspielern verbunden. Ob die Idee gefällt, muss jeder mit sich selbst klären.

 

Jeremy Renner („Marvel’s The Avengers“) und Gemma Arterton („Kampf der Titanen“, „Prince Of Persia“) stellen die beiden Hauptrollen zwar heldenhaft, doch auch recht zurückgelehnt dar, was dem Film durchaus gut tut. Sie verkörpern nicht die ass-kickenden Over-the-top-Superhelden mit übermäßig vielen One-Linern, die es für 99 Cent an der Kasse von Arnold Schwarzenegger gibt, sondern ein beinahe müdes Weirdo-Pärchen, das nebenbei – ganz ohne Psychiater – eine irre Vergangenheit mit verschollenen Eltern und Lebkuchenhäuschen zu verarbeiten hat. Abgerundet wird der Cast durch eine Famke Janssen („X-Men“, „96 Hours“), die die Antagonistin Muriel so wunderbar hassenswert spielt, dass die Gänsehaut in der einen oder anderen Einstellung inklusive ist.

 

Die Hexenverfolgung war kein Spaß und gilt zu Recht als eines der dunkelsten Kapitel der Menschheit. Desh alb versteht sich „Hänsel & Gretel“ nicht als audiovisuelles Manifest für Hardcore-Katholiken, die geistig im 16. Jahrhundert stehengeblieben sind, sondern nimmt – wenn auch völlig simplifiziert – die Hexenverfolgung des Mittelalters gleich zu Beginn kritisch unter die Lupe. Dies geschieht nicht über intelligente Dialoge mit Tiefe und Hang zum Philosophischen, nein, viel eher indem einfach die hübsche Hexenverdächtige vor einem Mob von Wutbürgern gerettet wird. Ab da ist dann zwar alles erlaubt und nur noch eine tote Hexe eine gute Hexe, doch viel mehr kann man von einem Film dieses Kalibers womöglich gar nicht verlangen. Immerhin.

 

Eine enttäuschte Kinogängerin schrieb auf der offiziellen Facebook-Seite von „Hänsel & Gretel“: „Wie kann man einen Film mit so wenig Liebe drehen und ihn so schlecht schneiden. Der Film war wirklich enttäuschend! Tut mir wirklich leid, sowas flaches habe ich lange nicht mehr gesehen.“ Kino7 sahen es wohl ähnlich und erklärten in ihrer Review: „‘Hänsel & Gretel: Hexenjäger‘ gehört schon jetzt zu den schlechtesten Filmen des Jahres und zeigt einmal mehr, dass Jeremy Renner nichts auf der Kinoleinwand zu suchen hat.“ Unabhängig von den Kritiken ist der von Will Ferrell produzierte Film ein finanzieller Erfolg. Bei einem Budget von 50 Millionen Dollar spielte „Hänsel & Gretel“ bis jetzt weit über 180 Millionen Dollar ein.

 

Ich selbst sehe es längst nicht so bitter wie ein Großteil der Rezensenten. Der in den Filmstudios Babelsberg entstandene Film ist selbstverständlich weniger gut inszenierte Märchenstunde als Fast Food für MTV-Gucker, aber definitiv ein ordentlicher Spaß, der seine Schwächen durch ein cooles Konzept und eine erträgliche Länge kaschiert. Kann man sich schon mal antun!

 

https://www.youtube.com/watch?v=9246msCh7x4

https://www.youtube.com/watch?v=mT5dr8d1TXM

https://www.youtube.com/watch?v=PIG84qhhwJY

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