Die peinlichsten Songs meiner Plattensammlung

Von ‘N Sync über Phil Collins bis hin zu Joshua Kadison, es gibt so viele Pop-Musiker, die Lieder geschaffen haben, welche nicht einmal der Programmchef von bigFM privat hören würde. Ich präsentiere eine Liste mit Musik, die die CIA zum Foltern nutzt, auf meinen Bad-Taste-Partys aber gerne laufen darf.

 

Wer kennt sie nicht: Platten, die mehr als einmal den Weg in die vom Konfirmationsgeld finanzierte Hifi-Anlage gefunden haben, heutzutage jedoch gut versteckt hinter den Tool-, Wu-Tang- und Tomte-Scheiben in der zweiten Reihe des Regals stehen. Musik, die man offiziell nur noch auf Bad-Taste-Partys durchwinken würde, an einem dunklen Ort im Herzen, an dem sich Nyan Cat, He-Man und die Teilnehmer der ersten Big-Brother-Staffel eingenistet haben, aber immer noch hart abfeiert. Es wird Zeit, einmal mehr die Hosen herunterzulassen und Frieden mit der eigenen Musiksozialisation weit vor der Jugend als HipHop-Head und der Zeit als junger Erwachsener mit Musikexpress- und Visions-Abo zu schließen.

 

Nachdem Scatman John 1995 mit seinem Album „Scatman’s World“ und allen voran den beiden Single-Auskopplung „Scatman (Ski Ba Bop Ba Dop Bop)“ und „Scatman’s World“ die Charts einmal rund um den Erdball dominierte, folgte zwei Jahre später die deutlich weniger erfolgreiche Langspielplatte „Everybody Jam!“. Einer von den Schlechten war der Schlapphut-tragende Jazzmusiker aus Kalifornien nie, sein Schaffen in den Neunziger Jahren war trotzdem massentauglicher Eurodance, den Menschen ohne Selbstzerstörungstrieb in der Regel einfach nicht hören möchten. Dennoch: Der Titeltrack Everybody Jam!, den Scatman John als Hommage an Louis Armstrong produzierte, geht ab wie die berühmte Katze von Schmidt und mit einem zugedrückten Ohr irgendwie klar. Eigentlich gar nicht klar gehen die Backstreet Boys, zu denen nicht mehr wirklich viel geschrieben werden muss. 1997 erschien ihr zweites Album und machte mit der ersten Singleauskopplung Everybody (Backstreet’s Back) ordentlich Eindruck bei uns Viva-Interaktiv-Jüngern. Nicht nur ein Ohrwurm, den Seth Rogen beim Vorglühen pumpen würde, sondern zusätzlich auch noch ein fantastisches Musikvideo, das visuell das „Thriller 2.0“ sein könnte.

 

 

In den Neunziger Jahren kam kein Kind um die spektakulären Disney-Kinofilme herum, die jedes Weihnachten nicht nur die Kinosäle füllte, sondern auch die Kinderzimmer mit Lizenzspielzeugen. Ein schöner Brauch war es jener Zeit seitens Disney, bekanntere Pop-Musikanten für die Titelsongs zu engagieren. Elton John durfte beispielsweise für „Der König der Löwen“ ran, Jennifer Rush gab ihre Stimme für die deutschen Fassung von „Pocahontas“ her und All-4-One und Eternal wurden für „Der Glöckner von Notre Dame“ verpflichtet. 1997 kam „Mulan“ in die Lichtspielhäuser und die Boygroup 98° durfte mit Unterstützung von Stevie Wonder ihren schmissigen Ohrenschmeichler True To Your Heart beisteuern. Ich finde das Lied bei frostigen Sonntagsspaziergängen zwei Wochen vor Weihnachten noch heute gut. Bleiben wir bei Jungsgruppen und gehen direkt über zu den Engländern von Blue. Ist es der hiphoppige Beat, ist es der mitreißende Refrain oder ist es der Text, welcher wahrscheinlich von Kontrollverlust beim Verliebtsein handelt? Ich weiß es nicht, kann jedoch bei You Make Me Wanna nach wie vor die Beine nicht still halten. Ähnlich geht es mir bei Holding Out For A Hero von Bonnie Tyler. Was ist das für ein wahnsinnig wildes Stück Musik, das ich wahlweise beim Nacktjoggen oder vor Assessment-Center-Runden höre.

 

 

Als meine Freunde und ich zwischen 10 und 13 Jahre alt waren, haben wir uns von dem wenigen Taschengeld, das wir hatten, hauptsächlich Maxi-Singles gekauft. Zu Weihnachten oder dem Geburtstag gab es dann mal ein Album oder gar einen 2-CD-Sampler. Eine Single hatte dabei fast jeder meiner Kumpels im Regal stehen: MMMbop von Hanson. Und das zu recht, denn nicht umsonst verwendet Dr. House diesen Song als Klingelton. Vergessen werde ich die drei Knaben von Hanson und ihr Lied bestimmt nicht mehr. Der nächste Künstler würde seine Musikkarriere dagegen definitiv gerne vergessen, wenn er doch nur könnte. Marky Mark – heute besser bekannt als Mark Wahlberg – zeigte Anfang der Neunziger Jahre, was für ein Rapper in ihm steckt. Life In The Streets war 1994 sein Titelsong zur recht soliden Komödie „Mr. Bill“ mit Danny DeVito. Womöglich angespornt von Vanilla Ice sprechgesangt sich das Calvin-Klein-Model über diese Schnulze, die von Prince Ital Joe mit einem eigentlich unerträglichen Zuckerwatte-Chorus versehen wurde. Ich kann an meinen schlechteren Tagen leider nicht weghören. Der Autounfall unter den Pop-Songs.

 

 

Und zum Abschluss ohne viele Worte noch ein paar Lieder, über deren zweifelhafte Qualitäten ich mir durchaus bewusst bin, zu denen ich bei einer Mischung aus Nostalgie, Alkohol und Ehrlichkeit aber durchaus meinen Hintern bewegen kann: Aaron Carter mit Crush On You, Ann Lee mit 2 Times, BeeGees mit Alone, Bryan Adams mit 18 Til I Die, East 17 mit House Of Love, Eddie Money mit Two Tickets To Paradise, Gigi D’Agostino mit The Riddle, Jewel mit Hands, John Legend mit If You‘re Out There, Laurent Daniels mit Cry On My Shoulder, ‘N Sync mit Here We Go, Peter André mit Mysterious Girl, Rick Astley mit Never Gonna Give You Up, Rihanna mit Umbrella, Roxette mit all ihren Powerpop-Balladen, Sugababes mit About You Now, Take That mit Never Forget, Wonderwall mit Just More

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