Review: The Walking Dead – 400 Days

Genialer Zeitüberbrücker oder schnelle Geldmache? Bevor die zweite Season von „The Walking Dead“ wieder alle Rekorde brechen wird, bringen Telltale Games die Zusatzepisode „400 Days“ auf den Markt.

 

Nachdem Telltale Games im vergangenen Jahr der Comicbuchreihe “The Walking Dead“ ein Point-&-Click-Adventure mit fünf einzeln verkauften Episoden spendierte, hätte die Begeisterung seitens Comicfans, Zombiefreunden und Videospielern nicht größer sein können. Die kalifornische Spieleschmiede heimste nicht nur zahlreiche „Game of the Year“-Awards ein, nein, sie stellte auch zig Verkaufsrekorde auf. Innerhalb der ersten 20 Tage wurde die erste Episode des Spiels über eine Millionen Mal auf der PlayStation 3, X-Box und bei Steam heruntergeladen.

 

Eine weltweite Spielerschaft fieberte dabei von Episode zu Episode mit, wie sich Lee und Clementine durch eine von der Zombieapokalypse geschundene USA schlagen. Das Spielprinzip war dabei relativ einfach. Einzelne Bewegungen, Entscheidungen und Aussagen in Gesprächen mussten vom Spieler getroffen oder ausgeführt werden. Der Rest war nicht mehr als eine Aneinanderreihung von Cut-Scenes. Doch das Game wollte gar nicht erst durch ein herausragendes Gameplay überzeugen, sondern setzte vor allem auf eine einnehmende Atmosphäre und Charaktere, die einem näher gingen als so manch US-amerikanischer Serienstar. Dass die getroffenen Entscheidungen am Ende gar nicht so viel Einfluss nahmen, konnte man dabei getrost herunterschlucken.

 

Anfang Juni kündigte Telltale eine zweite Staffel mit neuen Episoden an. Um die Zeit bis dahin zu verkürzen, veröffentlichte der Publisher/Entwickler Mitte Juli die sechste (Zusatz-)Episode „400 Days“. Und die muss sich nach einer grandiosen ersten Season nun auch mit selbiger messen. Eigentlich ein Unding, denn „400 Days“ macht im Grunde alles, was in der ersten Staffel so gut funktioniert hat, anders. Statt zwei charismatische Protagonisten, denen man über einen längeren Zeitraum folgt, spielen wir fünf unterschiedliche Figuren für je knapp 15 Minuten.

 

Ob mit Vince beim Gefangenentransport, mit Bonnie auf der Flucht, mit Wyatt durch die Nacht, mit Russell auf dem Wandertag oder mit Shel in der wohl besten Kurzgeschichte der Episode, die Figuren sind alle gut geschrieben und dargestellt, doch eine emotionale Bindung möchte in der kurzen Zeit einfach nicht aufkommen. Daher fesseln auch die zu treffenden Entscheidungen nur bedingt. Man handelt nicht nach den eigenen Moralvorstellungen und Weltbildern, die man auf die Figur überträgt, sondern danach, was die Figur für einen Eindruck auf einen macht. Zum Glück entschädigt das Ende ein Stück weit, gibt Verbindungspunkte zwischen den fünf Protagonisten preis und heizt für mögliche Geschichten in der zweiten Season an.

 

Inhaltlich hat „400 Days“ nur am Rande mit der ersten Staffel zu tun. Die Episode spielt zwar parallel zu den Geschehnissen rund um Lee und Clem, doch bis auf einzelne Erwähnungen und jede Menge Mutmaßungen bekommen wir kein Futter für das nach Antworten bettelnde Hirn. Schockmomente liefert die neue Folge mit ihren zwei Erschreckern nur bedingt. Auf Seiten der Spielmechanik gibt es auch nichts Neues. „400 Days“ daddelt sich – wie zu erwarten war – wie das Hauptspiel. Ruckeler gibt es dagegen so gut wie keine mehr. Ein Punkt, der so auch nach Möglichkeit in der zweiten Staffel umgesetzt werden sollte.

 

Vielleicht hätten fünf Kurzepisoden mit der gleichen Figur mehr Spaß gemacht. So wirkt die ganze Schote jedenfalls etwas überflüssig. Die 4,99 Euro sollte man nur investieren, wenn man Wert auf Vollständigkeit legt.

 

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