Suda51: Die essentiellen Werke des Videospiel-Designers

Buch: “The Art of Grasshopper Manufacture”

Suda51s Schaffen ist kontrovers, punkig und schlichtweg großartig. Wir blicken auf die Karriere des Tarantinos der Videospiele zurück und benennen seine wichtigsten Werke.

 

Gōichi Suda ist nicht die erfolgreichste Person in der Videospielindustrie, unter seinem Spitznamen Suda51 wurde der Japaner dennoch zu einem Star der Branche. Als Designer und Autor entwickelte er einen eigenen Stil, der ihn zum Quentin Tarantino des Gamings machte. Er brach stets mit Konventionen und kreierte Spiele, die unbestreitbar genial, für viele Käufer aber ebenso sperrig waren. Das wirkte sich auch auf Sudas Geldbeutel aus. Er und allen voran sein 1998 gegründetes Unternehmen Grasshopper Manufacture schafften nie den großen Durchbruch, der über Liebhaberruhm hinausging.

 

Suda erzählt in seinen Spielen Geschichten von verruchten Attentätern und Kettensägen-schwingenden Cheerleadern. Brutalität trifft auf Schönheit, interpretationswürdige Dialoge auf pure Gewalt. Düstere Höllenkulissen füllt er mit ausgeflippten Charakteren und Gadgets, die nur eine Frage offenlassen: Welche Drogen nimmt der 49-Jährige. Dabei feuert er eine Popkulturreferenz nach der anderen ab, die von seinen Leidenschaften zwischen Wrestling und Franz Kafka beeinflusst sind. Wer sich auf ein Spiel von Suda51 einlässt, bekommt keinen Einheitsbrei.

 

Vom Bestatter zum Spiele-Designer

 

“The Silver Case” von 1999

Bevor er 1993 mit Super Fire Pro Wrestling 3 Final Bout seinen endgültigen Einstieg in die Videospielbranche feierte, arbeitete er als Bestatter. Ob ihn der Dienst an den Toten für seine späteren Werke inspirierte, ist nicht überliefert, denkbar wäre es aber. Denn Inspiration scheint für ihn nie ein Problem gewesen zu sein. Bis heute hat Suda an weit mehr als zwei Dutzend Spielen mitgewirkt. 1998 entschied er sich sogar, seinen damaligen Arbeitgeber Human Entertainment zu verlassen, um mit Grasshopper Manufacture ein eigenes Unternehmen zu gründen.

 

Das erste Spiel unter eigener Flagge sollte ein Jahr später folgen. The Silver Case erschien 1999 exklusiv für die PlayStation und war eine Mischung aus Adventure und Visual Novel. Suda führte in dem spielbaren Mystery-Krimi erste Elemente ein, die sich in kommenden Veröffentlichungen wiederfinden sollten. Das Spiel hatte ohne Zweifel seine Schwächen, doch schon damals zündete die unvergleichliche Suda-Atmosphäre. Mit dem Nachfolger Flower, Sun and Rain setzte er 2001 nicht nur geschichtlich an „The Silver Case“ an, auch die Kritik blieb die gleiche. Das Adventure hatte Stimmung, aber die Technik schien schon damals veraltet.

 

Von Japan in die Welt

 

“Killer7” von 2005

Mit Killer7 sollte sich das 2005 ändern. Immer noch gehört diese Mischung aus Action-Adventure und Rail-Shooter zu den beliebtesten Spielen Sudas. Nicht ohne Grund ist der Titel, der sich um eine Gruppe von Elite-Assassinen dreht, das erste Spiel von Grasshopper, das auch außerhalb von Japan erschien. Von der neuen Kundschaft profitierten 2007 auch No More Heroes und 2010 der Nachfolger No More Heroes 2: Desperate Struggle. Die Nintendo-exklusiven Hack’n’Slash-Spiele waren so beliebt, dass PlayStation 3 und Xbox 360 mit No More Heroes: Heroes‘ Paradise eigene Ports bekamen. Ein dritter Teil für die Nintendo Switch ist bereits in Planung.

 

Suda schickte Dämonenjäger Garcia Hotspur 2011 in Shadows of the Damned direkt in die Hölle, damit dieser seine Freundin Paula rettet. Das Spiel kann schon fast als Buddy-Horrorkomödie bezeichnet werden, denn der vorlaute Dämonen-Sidekick Johnson konnte sich sowohl in Garcias Handfeuerwaffe, als auch sein Motorrad oder seine Fackel verwandeln. Zwei Jahre später ging es mit Sine Mora in eine komplett andere Richtung. Suda veröffentlichte einen bockschweren, aber auch gelungenen 2.5D Bullet-Hell-Shooter.

 

Übersexualisierte Figuren und infantiler Humor

 

“Lollipop Chainsaw” von 2012

Die größte Aufmerksamkeit bekam Suda51 wohl für Lollipop Chainsaw aus dem Jahre 2012. Cheerleaderin Juliet Starling schnetzelt sich durch eine von Zombies verseuchte Stadt, die so farbenfroh wie ein Süßigkeitenladen gestaltet war. Übersexualisierte Figuren und ein infantiler Humor brachten dem Titel viele Kritiken ein, aber auch eine Spielergemeinde, die sich direkt in der Pubertät abgeholt fühlte. Killer Is Dead, das bereits im Folgejahr erschien, schlug inhaltlich eine andere Richtung ein. Hier wurde das Hack’n‘Slash-Gameplay nicht durch quietschbunten Ficki-Ficki-Humor, sondern durch eine hanebüchene Kopfgeldjägergeschichte ergänzt.

 

Ende 2016 hat Suda51 mit Let It Die einen spaßigen, aber in allen Belangen flachen Hack’n‘Slash-Titel veröffentlicht, der auf asynchrone Online-Multiplayer-Elemente setzt. Da das Spiel kostenlos für die PlayStation 4 zu haben ist, lohnt sich ein Reinschnuppern allemal. Und auch seiner Wrestling-Liebe frönte Suda ein weiteres Mal, nachdem er im März 2017 ankündigte, einen weiteren Teil der „Fire Pro Wrestling“-Serie herausbringen zu wollen. Damit schließt sich der Kreis für einen Videospiel-Designer, dessen Arbeiten nicht immer poliert, dafür aber anhaltend unterhaltsam waren.

 

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