Review: Blutzbrüdaz

Sind wir doch mal ehrlich. Wenn es heißt, dass sido einen Film herausbringt, dann schießen einem nicht unbedingt Gedanken der Vorfreude in den Kopf. Was soll denn auch dabei rumkommen, wenn sich ein deutschsprachiger Rapper in einem Metier austobt, in dem schon so viele andere Laien vor ihm grandios untergegangen sind?!

 

Die Entwarnung gleich vorweg: sido weiß, dass er kein richtiger Schauspieler ist und mimt – dank so viel Ehrlichkeit sich selbst gegenüber – die Rolle des Otis völlig befreit. Und auch sein Sekte-Partner B-Tight, der aus „Wholetrain“ bekannte Florian Renner und vor allem sidos ehemaliger Chauffeur Alpa Gun spielen ihre Parts erfrischend authentisch und nicht ansatzweise peinlich. Dass es sich bei fast allen Beteiligten um Anfänger handelt, fällt einem dabei eher selten auf. Das wurde an anderer Stelle definitiv schon schlechter gemacht.

 

„Blutzbrüdaz“ erzählt das klassische Märchen von denen, die von ganz unten nach ganz oben kommen und letztendlich am Erfolg zerbrechen. Schauplatz ist Berlin. Die Protagonisten sind die beiden Untergrund-Rapper Otis und Eddy G. Durch eigene Tapes werden sie zu aufstrebenden Stars in ihrer Stadt. Die Sony klopft an und möchte die beiden Rapper unter Vertrag nehmen. Doch Otis ahnt, dass die große Plattenfirma der Teufel ist und behält damit auch recht. Eddy G soll als Teenie-Schwarm vermarktet werden und Otis im Hintergrund die dazu passenden Hits schreiben. Alles schön und gut, doch Otis hatte sich das ganz anders vorgestellt. Er wollte mit seinem Bruder im Geiste gemeinsam durchstarten.

 

So weit der erste Teil des Plots. „Blutzbrüdaz“ ist bis zu diesem Zeitpunkt berechenbar. Man ahnt, was passiert. Doch mit dem Bruch der Band – am Höhepunkt des Spannungsbogens – wird der Film unvorhersehbar. Der Zuschauer hat keinen Schimmer worauf die Geschichte hinauslaufen wird. Bis zum halb offenen Ende wird der Handlungsablauf glaubhaft erzählt. Nichts passiert zu plötzlich oder Schlag auf Schlag. Ereignisse finden nicht einfach überstürzt statt, sondern werden dem Zuschauer plausibel nähergebracht.

 

Ob der Film nun eine Komödie oder gar ein Drama ist, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Die Gagquote ist jedenfalls hoch. Die drei, vier größten Lacher wurden zwar schon in den Trailern verbraten, doch der einfache Humor von „Blutzbrüdaz“ macht durchgängig Spaß. Überhaupt spielt der Film mit simplen Bildern. Figuren werden zum Teil gewollt einseitig und extrem dargestellt, damit die Fronten für den Zuschauer klar erkennbar sind. Der große Plattenboss ist böse, seine zweite Assistentin ein blondes Dummchen, Otis‘ Freundin ein Gold Digger wie er sonst nur von Kanye West besungen wird und Eddy Gangsta die Karikatur eines Rappers. Dass derartige Illustrationen nicht unbedingt tief gehen, würde man auch mit verbundenen Augen sehen. Doch dass die Figuren Forrest Gumps, Rain Mans oder Benjamin Buttons sind, verlangt die Zielgruppe auch gar nicht von dem Streifen. „Blutzbrüdaz“ ist ein einfacher Film, der funktioniert, weil er weiß, dass er das ist und nicht mehr sein möchte.

 

Und die einfachen Bilder hören nicht auf: Der von Milton Welsh gespielte Plattenladenbesitzer Fusco mimt den kompletten Gegenpart zum von Tim Wilde gespielten Plattenboss Facher. Vor dem großen Durchbruch trug sido eine Opa-Brille und die immer gleichen Klamotten. Danach änderte sich seine Optik hin zum Besseren. Wie gesagt: Kein „Forrest Gump“, sondern ein von Özgür Yildirim ansprechend in Szene gesetzter Popcorn-Streifen. Trotzdem wirkt „Blutzbrüdaz“ nicht plump. Der Film portraitiert eine enge Freundschaft und die damit verbundene Rolle von Moral und Solidarität. Wie weit würde man für die Brüderlichkeit gehen? Was könnte sie zum Bruch bringen? Im Falle von Otis und Eddy war es eben Ruhm und Geld.

 

Der Film ist kein Film für HipHopper, hält aber definitiv ein paar spezielle Gimmicks für HipHopper bereit. Die Freestyles sind gespickt mit schönen Doppelreimen, Biggie wird als großes Idol stilisiert und die Darstellungen des kreativen Schaffensprozess machen Freude. Heads können aufatmen und einen Film genießen, der in Bezug auf die HipHop-Kultur wenig bis gar nichts falsch macht.

 

In der ersten Woche sahen sich 128000 Menschen „Blutzbrüdaz“ an. Ob der damit sechste Platz in den Kinocharts zufriedenstellend für die Verantwortlichen ist, bleibt fraglich. Klar ist jedenfalls, dass „Blutzbrüdaz“ eine angenehme Überraschung in diesem noch jungen Kinojahr ist. Der Film ist gut. Und damit meine ich nicht gut im Sinne von „gut für diese Art von Film“, sondern tatsächlich gut.

 

Blutzbrüdaz – Die Mukke zum Film

Zu einem Film, der von Musik handelt, gehört selbstverständlich auch ein eigener Soundtrack. Einen knappen Monat vor der Premiere von „Blutzbrüdaz“ wurde daher „Die Mukke zum Film“ veröffentlicht. 17 Songs (in der Deluxe Edition 26), die neben B-Tight, Alpa Gun, Erick Sermon (!!!), Tony-D, Haftbefehl und MoTrip zum Großteil aus der Feder von sido selbst stammen, erzählen mit Titeln wie „Mund auf“ oder „Hol doch die Polizei“ den Plot des Films in musikalischer Form nach.

 

7 Comments

  1. On point!
    sehe ich genauso!
    Wart ihr auch die ältesten im kinosaal?!
    Und gerade wenn ich bedenke das der film ab 12 ist finde ich die einfache erzählweise extrem gut!
    Gruß Maze

  2. hm. trailer war ja eher nix.
    aber wenns n turn in der geschichte geht gugg ich viell mal nei

  3. der film ist wirklich gut, unterhaltsam fließt er leicht auf sein (doch) berechenbares ende zu. aber das stört nicht. man wusste ja worauf man sich einlässt und das zelebrieren der rap-kultur mit ihren vielen teilweise geekigen aspekten macht spaß. auch schön selbstironisch die beiden.

  4. der film ist so geil

  5. sowas könnt ihr hässligen kinder nicht 😛

  6. Ich such paar lieder die im fil vorkommen aber überall wo ich schaue kommt nur der verkackte soundtrack den will ich aber nich sondern die die nicht auf dem verfickten soundtrack sind

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