Aus dem Leben eines erfolglosen Bloggers

500 Euro Abmahngebühr, Motivationsprobleme und Menschen, die das alles nicht interessiert: Geschichten aus dem Leben eines erfolglosen Bloggers.

 

 

Als ich im Herbst 2010 mit diesem Blog begann, schrieb ich fast täglich kurze Beiträge, die aus nicht mehr als fünf bis zehn Sätzen bestanden und im Grunde weniger Informationen als ein Teleprompter bei den RTL2-News verbreiteten. Ende 2011 stellte ich das Konzept des Blogs um und veröffentlichte weniger, dafür aber ausführlichere Texte. Im Oktober 2012 ging ich einen weiteren großen Schritt, wechselte zu WordPress und stellte auf einen 2-Artikel-pro-Woche-Rythmus um. Feste Formate und ein regelmäßiger Podcast kamen über die Jahre ebenfalls hinzu. So schuf ich mir mein kleines Popkulturuniversum, das dieses Jahr ein halbes Jahrzehnt Bestehen feiern wird. In diesem ganz speziellen Beitrag möchte ich ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern, über meine Motivation sprechen und die eine oder andere Anekdote preisgeben. Dieser Beitrag ist für like it is ’93 praktisch das, was der Audiokommentar für die DVD ist.

 

Wofür mach‘ ich das?

 

Mehrere Stunden in einen Artikel stecken, um anschließend 50 magere Klicks und einen traurigen Facebook-Like zu kassieren, ist nicht unbedingt der Lohn, der jeden Blogger so lange an der Tastatur kleben lässt. Es ist teilweise wirklich hart, auf derartiges Desinteresse zu stoßen. Doch es ging in der Vergangenheit schon anders zu: Wenn beispielsweise zqnce den Artikel zu „Shore, Stein, Papier“ teilt und innerhalb eines halben Tages mehrere tausend Menschen den Blog besuchen. Oder wenn Serdar Somuncu die Review zum Zwieback-&-T-Album mit dem lobenden Wort „fundiert“ postet. Oder auch wenn sich Menschen aus dem größeren Umfeld überraschend als Hörer des Podcasts outen. Es gibt diese Erfolge, die mich für die nächsten Nullnummern anspornen.

 

Auf der anderen Seite wäre es simpel, mehr Verkehr auf dem Blog zu generieren. Zum Beispiel könnte ich Artikel über unbekannte Bands oder zu spezielle Videospiele streichen und stattdessen tagesaktuelle Reviews zu Mainstream-Veröffentlichungen schreiben. Eine klare Linie bei der Auswahl der Themen und weniger Popkulturwundertüte würden sicherlich ebenfalls dazu beitragen, ein konkretes Stammpublikum anzusprechen. Doch am Ende des Tages möchte ich mit like it is ’93 einen persönlichen und keinen austauschbaren Blog unterhalten. Denn es macht mir Spaß, ein Popkulturprodukt zu genießen und mir anschließend möglichst ausformulierte Gedanken dazu zu machen. Dieser Blog gibt mir diese Plattform.

 

Urheberrecht vs. die eigene Dummheit

 

Doch es ist nicht nur der überschaubare Erfolg, den ich seit mehr als vier Jahren mit diesem Blog habe. Auch der eine oder andere Fotograf mit Spaß an lukrativen Nebenverdiensten brachte mich in der Vergangenheit dazu, meine Lust auf das Bloggen zu hinterfragen. Mir ist schon klar, dass ich nicht einfach die Google-Bildersuche anschmeißen und mich wild bedienen darf. Bei einem speziellen Foto, das man bei Wikipedia findet, hatte ich jedoch die Übersicht verloren und genau das getan. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich verwendete ein Bild, das ich lediglich unter der Nennung des Fotografens verwenden durfte, vergaß die entsprechende Angabe jedoch. 500 Euro wollte der Kameraschwinger als Ersatz für den angeblich entstandenen Schaden haben. Wow.

 

Nach Rücksprache mit einem Anwalt überwies ich einen symbolischen Betrag und hörte nie wieder etwas von besagtem Fotografen, der sich auf diese Tour womöglich seinen nächsten All-Inclusive-Urlaub finanziert. Und ich weiß auch, dass ich im Unrecht war, aber 500 Euro für ein Bild, auf einem kleinen nicht kommerziellen Blog zu verlangen, das man theoretisch frei verwenden durfte, ist nicht gerade eine Aktion, die eine Nominierung für den Gutmenschen des Jahres einbringt. Nebenbei gesagt, kostet mich like it is ’93 auch so schon einiges an Geld, bringt jedoch 0 Euro ein. Immerhin muss ich die de-Domain und den Premium-Account bei Soundcloud bezahlen. Von den Videospielen, Konzerten und Kinobesuchen möchte ich gar nicht erst anfangen (wobei ich das alles auch ohne den Blog liebend gerne bezahlen würde). Mir ist es aber egal, denn wenn ich einen Artikel veröffentlicht habe und sich wenigstens ein Mensch mit dem Geschriebenen beschäftigt, bin ich zufrieden und für den nächsten Text bereit.

 

’93 till infinity

 

Über die Jahre habe ich mit vielen Freunden und Bekannten gesprochen, die ebenfalls mit dem Bloggen anfangen wollten. Die meisten von ihnen haben zwar eifrig damit begonnen, letztendlich aber nicht das Durchhaltevermögen bewiesen, um regelmäßig Beiträge zu verfassen. Sang und klanglos gerieten die an sich spannenden Blogs mit ihren tollen Ideen und ambitionierten Ansätzen in den Weiten des Internets verloren. Ich brauchte nie den vielzitierten Tritt in den Arsch, um diesen wirklich spaßigen „Job“ zu erledigen. Egal, ob lange Arbeitstage, anstehende Klausuren oder einfach nur der sonntägliche Kater, meine kleine Leserschaft konnte sich stets auf pünktlich erscheinende Artikel und Beiträge verlassen. Ein Plan, der mir schon heute sagt, welcher Artikel nächste Woche voraussichtlich publiziert werden soll, gehört dabei ebenso dazu, wie ein prallgefüllter Ordner mit dutzenden von Textideen, die ich in der Zukunft umsetzen möchte.

 

Mein Traum ist es, mehr Interaktion mit den Lesern zu haben. Das bedeutet, ich möchte mehr Kommentare lesen, darauf eingehen und mich so noch intensiver mit den Themen beschäftigen, über die ich da schreibe. Ich denke, vielen Lesern ist gar nicht bewusst, was sie mir für eine Freude machen, wenn sie ein Kommentar auf dem Blog, bei Facebook oder bei Soundcloud hinterlassen, mit einem Like zeigen, dass sie den Artikel gelesen und auch gemocht haben oder bestimmte Beiträge vielleicht sogar teilen und ebenfalls posten. In diesem Sinne bedanke ich mich bei jedem, der in der Vergangenheit in irgendeiner Form Unterstützung gezeigt hat. Und alle anderen lade ich recht herzlich ein, mich auf meiner weiteren Reise durch die Welt der Popkultur zu begleiten… als wäre es 1993!

9 Comments

  1. Da sprichst du mir von der Seele – bzw. schreibst. Die Sache mit der Abmahnung ist schon krass. Ich habe tatsächlich vor genau solchen Dingen auch immer eine gewisse Angst. Ich bin wie du sehr penibel, aber es ist eben auch ein Dschungel, in dem man erstmal durchblicken muss. Und wie du schon sagst, man verdient ja mit so einem kleinen Blog nicht. Umso ärgerlicher, wenn man dann so noch abgestraft wird.

    Ansonsten habe ich ähnliche Beobachtungen wie du gemacht. Als ich mit meiner Seite anfing, stieg mein Interesse an Blogs auf einen Schlag gewaltig an und ich begann viele zu lesen. Leider verschwanden auch viele schnell wieder, oder es wurde sehr ruhig auf ihnen. Schade. Aber es braucht eben sehr viel Motivation, die nicht jeder hat und natürlich auch Freizeit. Denn den Lebensunterhalt dürften so nur die wenigsten bestreiten können.

    Mir geht es da wie dir, ich freue mich, wenn wieder wer einen Beitrag liket oder kommentiert. Weshalb ich im Normalfall auch immer auf Kommentare antworte. Ich finde so etwas auch wichtig. Egal ob groß oder klein. Die Diskussion und Nähe zum Leser finde ich wichtig. Man ist sonst völlig unnahbar. Mag ich gar nicht. Inhalte produzieren ist eine Sache, aber ich möchte ja dann auch für die Leser „erreichbar“ sein und mich ggf. über den Inhalt austauschen.

  2. Ich hätte Dir ja gerne ein „Like“ gegeben, aber ich glaube, Du hast sie nicht freigeschaltet, oder? Sehe sie jedenfalls nicht. Also dann so: „Like“!

  3. Ein unglaublich ehrlicher und auch ein bisschen trauriger Artikel. Sehr lesenswert. Aber ich glaube es ist wirklich so wie ich es bei einem Bier vor dem Juha West sagte:
    Die Leute lesen deine Sachen nicht, nur weil sie gut sind. Die Leute lesen was sie eben lesen.

    Nach wie vor bist du mein ganz großes Vorbild, wenn es ums Bloggen geht. Dazu gehört es einfach dein Ding zu machen und über das zu schreiben, was du willst und nicht was alle lesen wollen. Damit bist du eben der Indie-Blogger – und worüber sollte der schreiben als über Indie-Bands? Und auch wenn ich meine Urheberrechtserfahrung schon viel zu früh hatte versuche ich immer noch krampfhaft nicht zu der Kategorie im sechsten Absatz zu gehören. Deshalb sollte der Artikel eher heißen: „Vom erfolgreichsten Blogger, den ich kenne“

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