Mein USA-Tagebuch: San Francisco (Teil 3)

Im September 2016 bin ich drei Wochen durch die USA gereist: Burlingame, San Francisco, Santa Cruz, Monterey, Pismo Beach, Los Angeles, Hawaii, New York. In meinem USA-Tagebuch erzähle und zeige ich euch, was ich alles erlebt habe. Von Segnungen in hawaiianischen Sandwichläden bis zu 163-Dollar-Rechnungen in New Yorker Sportkneipen lasse ich nichts aus – jeden Samstag gibt es eine neue Ausgabe meines USA-Reiseberichts!

 

im Wohngebiet von Millbrae

Eigentlich ist es kein Problem, von Burlingame per ÖPNV nach San Francisco zu gelangen. Mit Caltrain und BART versorgen gleich zwei Bahnlinien die komplette San Francisco Bay Area von Oakland bis San José mit zuverlässigen und vor allem günstigen Personentransporten. Wahrscheinlich ist das nur möglich, weil auf die Ressource Mensch in den gruseligen dafür aber komplett selbstfahrenden Schienenkolossen komplett verzichtet wird. Leider habe ich mich wohl etwas zu sehr auf die Ratschläge von Scott McKenzie konzentriert und eher nach Blumen für meine Haare statt nach den Anmerkungen auf dem Fahrplan Ausschau gehalten. So stand ich voller Vorfreude am Bahnhof in Burlingame und musste mit ansehen, wie der Zug in voller Geschwindigkeit an mir vorbeiraste. Ein erneuter Blick auf den Fahrplan zeigte mir, dass in Burlingame nur an Wochenenden Halt gemacht wird. Gut für die ausgehfreudige Jugend des Städtchens, schlecht für mich, denn was daraufhin folgte, war ein einstündiger Fußmarsch in die Nachbarstadt Millbrae, wo ich in die nächste Bahn zustieg.

 

in einer Ausstellung über Stanley Kubrick

Pünktlich zur Mittagspause kam ich dann in der ersten Großstadt meiner USA-Reise an. Und ja, San Francisco ist nicht New York oder Chicago, von den Hochhäusern um mich herum war ich trotzdem beeindruckt wie ein Kind, das zum ersten Mal erfährt, dass es von den Ü-Eiern auch große Versionen gibt. Ich ging die 4th Street entlang, bis ich die Yerba Buena Gardens erreichte, wo eine engagierte Poetry Slammerin gegen die Presslufthämmer der umliegenden Baustellen ankämpfte. Für das Lauschen der amerikanischen Julia Engelmann hatte ich nach meinem Bahnmissgeschick am Vormittag sowieso keine Zeit, denn gleich gegenüber lockte mich das Contemporary Jewish Museum mit der Ausstellung „Stanley Kubrick: The Exhibition“ an. Dem Leben und Schaffen des legendären Regisseurs wurde mit hunderten Originalstücken und Requisiten ein Denkmal gesetzt. Ob der in „2001: Odyssee im Weltraum“ verwendete Raumanzug, die Dekoration der Korova Milchbar aus „Uhrwerk Orange“ oder die barocken Kostüme aus „Barry Lyndon“ – es gab genug Gründe, den Fußboden mit meinem Sabber zu tränken. Die Info, dass diese Ausstellung eine Leihgabe des Deutschen Filmmuseums ist, trübte meine Freude jedoch. Toll, dann hätte ich ja gleich in Frankfurt bleiben können.

 

Tauben holen sich am Pier 39 ihr Futter

Leider hatte ich für den kompletten San-Francisco-Ausflug zu wenig Zeit, um ohne schlechtes Gewissen länger als eineinhalb Stunden in geschlossenen Räumen zu verweilen. Über den Union Square arbeitete ich mich also zum Financial District vor, bewunderte in Chinatown das Dragon’s Gate und den unfassbaren Schranz, der dort verkauft wird, starrte den Cable Cars hinterher ohne mich zu trauen, auf eines aufzuspringen und erklomm letztlich den Russian Hill, um einen Blick auf Alcatraz, Fisherman’s Wharf und Fort Mason zu erhaschen. Unten im Hafenviertel lernte ich die Tierwelt San Franciscos kennen. Am Pier 39 – einer ehemalige Bootsanlegestelle, die heute als Anlaufstelle für Touristen mit schlechtem Souvenirgeschmack dient – gehen Tauben auf aggressivste Art und Weise der Futtersuche nach. Hiesige Fast-Food-Läden müssen extra Angestellte für das Vertreiben der fliegenden Ratten abstellen. Etwas entspannter sind da schon die Seelöwen unterwegs, die sich 1989 an den Docks angesiedelt haben und seitdem eine große Attraktion sind. Am liebsten hätte ich mich für einen erfrischenden Powernap dazugelegt, doch ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal das Wahrzeichen San Franciscos gesehen: Die Golden Gate Bridge!

 

die Golden Gate Bridge

Also ging’s – vorbei an unzähligen Fischrestaurants und Andenkenshops – die Jefferson Street entlang. Und während ich noch darüber sinnierte, dass „Dead End“ viel cooler als das deutsche „Sackgasse“ klingt, erschien die Golden Gate Bridge am Horizont. Sieht geil aus, dachte ich mir. Reicht aber auch. Von hier aus bis dahin laufen, nein, dafür war ich einfach zu kaputt. Die Stadt zu Fuß zu erkunden, das war mein Wunsch, so sieht man mehr. San Francisco ist mit seinen 121 km² Landfläche aber auch mit den besten Wanderschuhen nicht komplett gehend zu erobern. Jeder braucht mal eine Pause, also kehrte ich in einem Laden ein, der wie eine Mischung aus Lebensmittelmarkt, Imbiss und 99-Cent-Laden aussah, und aß ein hervorragendes Falafel-Sandwich. Im Verkaufsgespräch kam ich das erste Mal an die Grenzen meiner Sprachkenntnisse, denn eine oberflächliche Unterhaltung zu führen, das ist kein Problem. Schwierig wird es erst, wenn der Gegenüber konkrete Fachfragen mit mir unbekannten Vokabeln stellt. Keine Ahnung, was für Soßenalternativen du mir gerade aufgezählt hast. Habe ich noch nie davon gehört. Mach halt einfach irgendwie. Ein anderes Essensproblem hatte ich im Laufe des Tages beim Thema Snacks. Ab und an hätte ich gerne nur eine Kleinigkeit wie eine Butterbrezel gehabt, doch in den Staaten wird aus jedem Scheiß gleich ein Menü mit zahlreichen Auswahlmöglichkeiten gemacht.

 

der AT&T Park

Abends fand im AT&T Park ein Baseball-Spiel der San Francisco Giants statt, weshalb rund um den Willie Mays Plaza schwarz-oranger Ausnahmezustand herrschte. Das Spiel schien komplett ausverkauft zu sein, zig Typen verhökerten vor dem Stadion dennoch Tickets. Kurz dachte ich darüber nach, mir spontan eines zu holen, doch als Natural Born Schisser hatte ich zu sehr Bammel, man würde mir eine gefälschte Karte anzudrehen. Die Giants verloren gegen die San Diego Padres 4 zu 6 während ich schon wieder im Zug Richtung Burlingame saß. Wobei – das haben wir zu Beginn dieses Textes bereits gelernt – Züge nur am Wochenende in Burlingame halten. Ich fuhr also durch bis nach San Mateo und lief den restlichen Weg zurück ins Hotel. Trotzdem fällt mein Fazit nach diesem etwas zu kurzen Ausflug positiv aus. San Francisco ist eine wunderschöne Stadt mit leider sehr vielen Obdachlosen. Wobei Obdachlosigkeit in den Staaten überhaupt eine ganz andere Qualität als in Deutschland hat – dazu aber im noch folgenden Kapitel über Los Angeles mehr.

 

Galerie: Ein paar Eindrücke von San Francisco

 

Galerie: Stanley Kubrick – The Exhibition

 

Im vierten Teil mache ich einen spontanen Halt in Santa Cruz, lerne geschichtliche Halbfakten über das Surfen und wandle in Monterey auf John Steinbecks Pfaden.

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  1. Mein USA-Tagebuch: Burlingame (Teil 2) – like it is '93 // das Popkultur-Magazin

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