Gilmore Girls: Das schöne Gefühl von der ersten Liebe

 

Wie viel Alkohol musstest du denn dafür trinken? Bist du wieder in die Mittelstufe gekommen? Wieso tust du dir diese Mädchenserie an? Als ich preisgab, dass ich momentan „Gilmore Girls“ schaue, wurde ich mit vielen schmähenden und durchaus dummen Fragen konfrontiert. Meine Gegenfrage – „Habt ihr die Serie jemals gesehen?“ – wurde stets mit „Ja“ beantwortet, „damals, mit 16, bei meiner Ex-Freundin“.

 

Innerhalb von drei Wochen habe ich die komplette erste Staffel der zwischen 2000 und 2007 produzierten Dramödie gekuckt und muss nun ehrlich zugeben, dass ich im Laufe dieser 21 Tage nie genug von den Alltagsgeschichten aus der amerikanischen Kleinstadt Stars Hollow hatte. Nicht, weil dort vermeintlich triviale Probleme thematisiert werden, sondern weil die Grundstimmung angenehm freundlich ist. Ich muss an dieser Stelle erwähnen, dass ich parallel dazu (*celo&abdivoice*) die achte Staffel von „Supernatural“, „Star Trek: The Original Series“, die fünfte Season von „Dexter“ und „Attack On Titan“ im DVD-Player hatte. Ein wenig Normalität auf dem Bildschirm tat bei alldem wilden Fantasiegewitter durchaus gut.

 

Nebenfiguren à la „Die Simpsons“

 

Sicherlich ist „Gilmore Girls“ nicht die Serie, welche sich neben „Breaking Bad“ oder „Game Of Thrones“ zum größten Konsenshit aller Zeiten entwickeln wird, ihre Lorbeeren hat sich die TV-Show rund um das Mutter-Tochter-Gespann Lorelai und Rory Gilmore dennoch verdient. Denn was die liebevolle Ausarbeitung von Nebenfiguren angeht, kam Anfang der 2000er eigentlich nur „Die Simpsons“ mit. Ob der Imbiss-Besitzer Luke, die Tanzlehrerin Patty, der Tausendsassa Kirk oder der Rezeptionist Michelle, „Gilmore Girls“ hat von Anfang an ein Universum erschaffen, in dem neben den titelgebenden Gilmore-Mädels die Kleinstadt und ihre Einwohner die dritte Hauptrolle spielen. Dies, gepaart mit einem Soundtrack, der von Björk über die Shins bis hin zu PJ Harvey reicht und durch das poppige Feelgood-Titelstück von Carole King sowie dutzende Popkultur-Referenzen abgerundet wird, ergibt eine Stimmung, die gefallen muss wie das fettige Frühstück nach einer durchzechten Nacht. Es sei denn, eine Ex-Freundin mochte die Serie so sehr… ach lassen wir das!

 

Doch wo gut gearbeitet wird, entsteht auch jede Menge Müll. „Gilmore Girls“ ist das beste Beispiel für diese Weisheit. Die Serie ist nicht perfekt, im Gegenteil, sie macht Fehler, die man anderen Fernseh-Shows nicht verzeihen würde. Da spazieren die Protagonisten für einen zweiminütigen Dialog durch das Schneegestöber – Schnitt – und sie stehen ohne eine Flocke auf den Schultern unter dem Vordach des Hauses. Vom fehlenden Atemhauch ganz zu schweigen. Oder weshalb ist Rory in der Pilotfolge 16 Jahre jung, feiert im Laufe der ersten Staffel aber ihren 16. Geburtstag? Oder warum verlässt eine der Figuren ihre Wohnung, um einen Kurztrip nach New York anzutreten, lässt das Licht aber angeschaltet? Mich befiel stets das Gefühl, dass die Macher der Serie gute Ideen jedoch keine perfekte Handwerkslehre hatten. Hauptsache der Zuschauer bekommt so schmissige und dynamische Dialoge vor das Sofa gepfeffert, dass Zeit für kritische Gedanken gar nicht erst aufkommt, vielleicht auch gar nicht erst aufkommen möchte?!

 

Das schöne Gefühl von der ersten Liebe

 

Das schöne Gefühl von der ersten Liebe und dem Jungsein an sich hat mich dann aber doch an der Serie dranbleiben lassen. Ich nehme Lauren Graham die Rolle der Mutter und Alexis Bledel die Rolle der Tochter ab wie ein Postpaket per Nachnahme. Ich möchte auch in den noch für mich kommenden sechs Staffeln dabei sein, wie die beiden weiblichen Marlin und Nemo gemeinsam Probleme lösen, reifer werden und die Männer aus ihren Leben vergraulen. Denn Amy Sherman-Palladino, die einige Jahre später die weniger erfolgreiche Serie „New In Paradise“ kreierte, schuf hier ein Format, das sich bemühte, wirklich magische Momente zu schaffen. Die pathetische Punchline aus dem Titelsong kann die Serie daher definitiv transportieren: „Where you lead, I will follow / Anywhere that you tell me to / If you need, you need me to be with you / I will follow where you lead“.

 

Aktuell läuft mit „Veronica Mars“ ein Film im Kino, dessen Ursprung eine beliebte Fernsehserie von 2004 ist. Durch Crowdfunding finanzierten Fans Jahre nach der Absetzung den pompösen Ausflug auf die große Leinwand. „Gilmore Girls“-Hauptdarstellerin Lauren Graham äußerte sich bei Twitter zu einer ähnlichen Vorgehensweise für ihre Serie vorsichtig positiv: Sie höre den Wunsch nach einem Comeback der Mädels, danke dafür, man solle aber Serienschöpferin Amy Sherman-Palladino und nicht sie fragen. Supportende Fans gäbe es bestimmt genug. Da wundert es auch nicht, dass sich Dog Hollywood von den Fünf Filmfreunden in einer Review zur DVD-Veröffentlichung als großer Fan der Serie outet: „Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob das eine ‚Frauen-Serie‘ ist, aber letztendlich wäre mir das egal, weil die Gilmore Girls viel bezaubernder sind, als fast alle andere Serienfiguren, die ich bisher gesehen habe.“ Würde ich so (fast) bedingungslos unterschreiben.

 

 

Bonus: Dean wird zu Sam!

Jareld Padalecki, der in „Gilmore Girls“ Rorys ersten Freund Dean spielt, verkörpert in „Supernatural“ als Sam den Bruder eines Dean. Verwechslungen sind beim Parallelschauen also nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus wurde „Gilmore Girls“ in Eric Kripkes Dämonjäger-Saga recht unterhaltsam verballhornt. Doch seht selbst!

 

2 Comments

  1. paarmal gut schmunzeln müssen ob einer Formulierung 🙂

1 Trackbacks & Pingbacks

  1. Review: Gilmore Girls – Ein neues Jahr – like it is '93 // das Popkultur-Magazin

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