Get Well Soon auf dem Stimmen-Festival: Krawall oder Schmusen?

31.7.2016 - Lörrach, Burghof

Get Well Soon bewarben sich erst als die beste Abiball-Band der Welt und beendeten dann das 23. Stimmen-Festival. Doch statt eines Paukenschlags gab es am 31. Juli im Lörracher Burghof Liebe in Form von Leuchtbuchstaben.

 

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“Liebe” lautete das Motto

Das Stimmen-Festival, das seit Mitte der Neunziger Jahre in Lörrach und einigen anderen Orten des Dreiländerecks veranstaltet wird, ist ein renommiertes Musikspektakel, das neben Blockbuster-Shows von weltberühmten Künstlern wie Leonard Cohen, Bob Dylan oder Elton John auch Newcomern auf kleineren Bühnen ein Forum bietet. Über drei Wochen erstreckt sich ein stimmig und vor allem qualitativ hochwertig ausgewähltes Programm, dessen Fokus nicht auf dem schnellen Euro mit den aktuell angesagtesten Chartstürmern liegt, sondern das auf handverlesene Vollblutkünstler setzt. Am 31. Juli feierte das Festival im Lörracher Burghof sein großes Finale und lud, entsprechend der gelebten Veranstaltungskultur, drei außergewöhnliche Gruppen bzw. Musiker ein. Neben Jesper Munk, der letztes Jahr sein bereits zweites Album „Claim“ veröffentlichte, und The Temperance Movement, die dem Bluesrock seit 2011 mit britischem Charme eine Frischzellenkur verpassen, traten Get Well Soon vor ein Publikum, in dem vom Mädchen mit Prinz-Pi-T-Shirt bis zum AC/DC hörenden Rentner alles vertreten war.

 

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Raucherpause vor dem Burghof

Markus Muffler, Leiter des Stimmen-Festivals, versprach während seiner Ankündigung nicht wenig. Für ihn wären Get Well Soon eine der ganz großen Perlen des deutschen Pops. Und eine bessere Band, um die 23. Ausgabe der Veranstaltung auf einer positiven Note zu beenden, hätte es nicht geben können. Konstantin Gropper und seine sechs Mitmusiker spielen einen wuchtigen, multiinstrumentalen Sonntagsstimmungssound, der mal treibend, mal melancholisch sein kann. „Love“ hieß das Anfang des Jahres erschienene vierte Studioalbum und entsprechend Sinn machten die vier riesigen Buchstaben, die auf der Bühne immer wieder aufleuchteten und ihre aufbauende Message verbreiteten. Gropper selbst sah im Laufe des Abends nach harter Arbeit aus. Mit der umgeschnallten Gitarre ordentlich Kilometergeld zurücklegend und im Minutentakt nach einem anderen Instrument greifend, passten die hochgekrempelten Ärmel seines Hemdes perfekt. Die Bühne selbst wurde nur spärlich mit Scheinwerferlicht geflutet, wodurch die Band in einer schwarz-weiß-Optik erschien, die einen ansprechenden Sechziger-Jahre-Charme ausstrahlte.

 

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geblendet von schöner Musik

Get Well Soon beendeten mit diesem Konzert ihren Festivalsommer, da sie laut eines scherzenden Groppers im August niemand mehr haben wollte. Aus diesem Grund pries er seine Band auch als perfekte Truppe für den nächstbesten Abiball an, um anschließend zu ergründen, ob sein Publikum eher „Krawall“ oder „Schmusen“ möchte. Krawall machte eindeutig das Rennen. Das passte gut ins Programm, denn Verena Groppers Geige starb kurz vorher leider den Heldentod. Der sympathische Musiker war dennoch gut aufgelegt und ging immer wieder in den Dialog mit seinen Konzertgästen. „Wart ihr auf allen Konzerten? Habt ihr hier gezeltet?“, fragte er humorvoll, denn was für ein Festival das Stimmen-Festival tatsächlich ist, wusste er freilich. Und irgendwie war man froh, dass der Burghof an diesem kalten und regnerischen Juli-Tag seinem Namen nicht gerecht wurde. Statt eines Freilichtkonzertes im Innenhof der Lörracher Burg Rötteln genossen die Besucher drei überdachte Shows, die dank des schrägen Hallenbodens von jedem Punkt des Saales perfekt verfolgt werden konnten. Siebzig Minuten gaben Get Well Soon ihren Gästen die Chance dazu, bevor sie mit „It’s A Fog“ ihre Show gewaltig abschlossen und die Bühne für The Temperance Movement freimachten.

 

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