Element Of Crime live: Würdevoll und gut gekämmt

10.4.2016 - Karlsruhe, Tollhaus

 

An einem Sonntag im April besuchten Element Of Crime Karlsruhe. Die Band rund um Sven Regener spielte am 10. April im Tollhaus und es kamen alle – nur nicht die coolen Indie-Kids.

 

Das Karlsruher Tollhaus auf dem Gelände des Alten Schlachthofs ist bis auf den letzten Steh- und Sitzplatz gefüllt, platzt trotzdem nicht aus allen Nähten. Denn die Tatortgucker und Viertelestrinker gehobeneren Alters, die sich in der Lokalität einfinden, müssen sich nicht schweißnass in den Armen liegen, während sie zu „Blaulicht und Zwielicht“ mitgrölen. Eine Armlänge Abstand lautet das Motto. Maximal ein wenig mitwippen ist drin. Alles ganz gemütlich, denn es soll ein entspannter Konzertabend an diesem ersten frühlingshaften Sonntag des Jahres werden. Da passt die Vorgruppe Von wegen Lisbeth mit ihrem jugendlichen Auftreten erst einmal nicht ins Bild. „Sonst spielen wir ja nur vor 14- bis 17-jährigen“, scherzt der Jogginghose tragende Sänger und sammelt damit reichlich Lacher und Sympathiepunkte. Trotz der in den Texten thematisierten Berlin-Mitte-Problemchen rund um Instagram-Stress und Dönerpreise packt ihr nach Ja, Panik! und eben Element Of Crime klingender Sound relativ schnell das Publikum.

 

Nach 30 Minuten mit Von wegen Lisbeth und einer kurzen Umbauphase, die bei den langen Schlangen an der Bar nicht für den Biernachschub reichte, stehen Element Of Crime pünktlich um 20:45 Uhr auf der Bühne des Kulturzentrums. Ein vierteljahrtausend Lebenserfahrung betritt das Gebäude: Jakob Ilja an der Gitarre, Richard Pappik am Schlagzeug, David Young am Bass, Rainer Theobald an Saxophon und Klarinette und natürlich Sven Regener an Mikro, Gitarre und Trompete. Und gerade Letzterer ist schon ein irrer Anblick, wenn er zwischen zwei Liedern mit drei Schlucken sein Bier leert, anschließend beide Arme in die Luft reißt und den nächsten Song mit gutgewählten Worten ankündigt, während er sich Hemd und Jackett wieder zurechtrückt. Leicht schwankend als hätte er vor der Show großzügig vom badischen Tannenzäpfle gekostet, aber so würdevoll und gut gekämmt wie es eben nur ein Sven Regener kann.

 

das aktuelle Album “Lieblingsfarben und Tiere”

Es folgt eine Stunde Show, die durch einen astreinen Sound und gekonnten Einsatz der Lichtanlage besticht. Von „Delmenhorst“ bis „Rette mich“ über „Weißes Papier“ wird ebenso an die Hits der 30 Jahre Bandgeschichte gedacht wie an unbekanntere Perlen à la „Surabaya Johnny“ oder das Cover „You’re Gonna Need Somebody On Your Bond“. Kurzweilig, gut gemischt, der riesigen Diskografie geschuldet aber trotzdem nicht jedes Lieblingslied dabei. Doch die Element-Of-Crime-Ultras sind an diesem Abend sowieso in der Unterzahl. Denn wenn ein Text wie der von „Bitte bleib bei mir“ überraschte Lacher und spätestens bei der Spargelkönigzeile Standing Ovations erzeugt, ahnt man, dass hier entweder jeder zweite seinen nicht Element-Of-Crime-hörenden Lebensabschnittspartner mitgebracht hat, oder ganz viele Besucher einfach mal wieder Lust hatten, ein Konzert zu besuchen. Und Element Of Crime boten sich eben an.

 

Auf die Stunde Show folgt eine halbe Stunde mit der guten alten Zugabenerklatscherei. Dreimal lassen sich Element Of Crime zu einem weiteren Griff an die Instrumente bewegen. Ein viertes Mal und man hätte sich veralbert gefühlt von einer Band, dessen Frontmann durchaus den Eindruck erwecken könnte, er wäre nicht der größte Fan seiner Fans. Womöglich tut man ihm und seinen Gästen damit mehr als Unrecht, doch ein bunter gemischtes Publikum hätte der Veranstaltung durchaus gut getan. Wo waren die coolen Indie-Kids mit Hotel-van-Cleef-T-Shirts? Wo waren die jungen Eltern, die ihren Nachwuchs gleich mitbringen? Wo waren die Musikbegeisterten, denen man die Freude an diesem Abend anmerkt? Denn ein wenig mehr Ausgelassenheit und Engagement seitens der Konzertbesucher hätte dem Konzert sicherlich nicht geschadet. So war es eine gute Show von einer routiniert aufspielenden Band, die dem Tatort zumindest in Karlsruhe die miesesten Quoten seit Jahren bescherte.

 

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