Doppel-Review: Roger & Schu / Gerard in Freiburg

Freunde von deutschsprachigem HipHop hatten in Freiburg wieder jede Menge Ausgehgründe. Am 29. Oktober spielte Gerard im Jazzhaus und am 13. November kamen Roger & Schu von Blumentopf für eine Show im Schmitz Katze vorbei.

 

 

“No one wants your real hip-hop” prangte es von einem Sticker, der auf dem Laptop des DJs klebte. Zumindest niemand im Freiburger Jazzhaus würde dem Besitzer dieses Computers widersprechen. Denn statt mit verschränkten Armen zu konservativer Rap-Musik kopfzunicken, konnte sich Gerard zu 100 % auf sein Publikum verlassen, das tanzte, sprang und mitrappte als wäre schon Wochenende und nicht Donnerstagabend. Bereits die Leipziger Vorband Lot bekam dies zu spüren, denn – wie bei vielen anderen Konzerten leider nicht üblich – wurde hier seitens der Zuschauer fair und respektvoll mitgemacht, statt ignoriert oder gar ausgebuht. Gerald Hoffman, wie Gerard mit bürgerlichem Namen heißt, feuerte diese euphorische Teilnahme dermaßen an, dass er – zusätzlich angetrieben vom peitschenden Schlagzeug – über die Bühne hüpfte wie ein junges Känguru.

 

Wenn ein Künstler sichtlich Spaß hat, überträgt sich das in der Regel auf das Publikum. Der 28-jährige Wahlwiener hatte daher bei Animationsspielchen wie beim Song „Atme die Stadt“ auch keine Probleme, seine Teilnehmer zu finden. Die Stimmung war freundlich und entspannt, was vielleicht auch am für ein HipHop-Konzert erstaunlich ausgeglichenen Anteil von weiblichen und männlichen Besuchern lag. Gerade die feminineren Gäste reihten sich später in eine lange Schlange am Merch-Stand ein, um Fotos und Autogramme vom sympathischen Rapper abzustauben. Ob die maximal erlaubte Lautstärke von 97 Dezibel von Künstler und Publikum überschritten wurde, teilte Gerard am Ende dann doch nicht mit. Wenn nicht, waren der Österreicher und seine dreiköpfige Band sicherlich nicht weit davon entfernt. Und was auch immer „Real Hip-Hop“ sein soll, dieser Abend war sicherlich eine der sympathischsten Hip-Hop-Shows, die Freiburg 2015 erleben durfte.

 

 

Die Bekanntgabe der Auflösung von Blumentopf war noch ganz frisch, da traten die ehemaligen Bandmitglieder Roger und Schu schon im Freiburger Schmitz Katze auf. „Clap Your Fingers“ ist der Grund. Ihr erstes gemeinsames Album und für jeden Topf-Fan ein Grund zum Aufatmen, denn die Trennung ist somit kein komplettes Ende für die Musik der sympathischen Münchner. Doch bevor 40 % des Topfs im Haus waren, stand noch ein anderer Künstler auf der Bühne des komplett gefüllten Kulturtreffs, der bereits ebenfalls die Trennung einer Münchner Rap-Crew zu verkraften hatte. Keno – früher Teil von Creme Fresh – spielte, losgelöst von seiner jetzigen Brassband Moop Mama, ein ausgedehntes Soloprogramm, das von Musik aus den alten Tagen mit Fatoni und DJ Bustla bis in die heutige Zeit reichte.

 

 

Doch gekommen ist man wegen den Herren Roger und Schu, die von Beginn an ihre Rucksackschickeria feierten. Statt obercooles Gepose gab es genau das, was man von den Vollblutrappern erwartet hatte. Songs vom aktuellen Album „Clap Your Fingers“, alte Blumentopf-Hits wie „Liebe & Hass“, „Party Safari“ oder „So La La“ und jede Menge Freestyles. Und gerade Letztere fielen gar nicht schlecht aus: „Du schnappst dir deine Digicam, wenn ich durch die Freiburger City renn“. So präsentierten sich Roger und Schu als ein perfektes Duo, das Rap – so pathetisch es klingen mag – liebt, lebt und so schnell nicht ad acta legen wird. Das spürt man als Zuschauer und möchte mitfeiern. Die obligatorische Zugabe wurde entsprechend bejubelt, als hielte Helmut Schmidt noch ein letztes Wort zum Sonntag. Hoffentlich bleiben uns die Jungs noch lange erhalten, denn mittlerweile fühlen sie sich wirklich an wie meine Jungs.

 

1 Comments

  1. geil! das wäre auch n konzert für mich gewesen.

1 Trackbacks & Pingbacks

  1. 2015 – Der große Jahresrückblick – like it is '93 // das Popkultur-Magazin

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.




Facebook
Instagram
Twitter
YouTube