Review: Coming Out Simulator 2014

Auch wenn der Name neben all den Goat-, Surgeon- und Busfahrersimulationen erst einmal ein lächerliches Spiel vermuten lässt, ist der „Coming Out Simulator 2014“ das wohl interessanteste Browser-Spiel des Jahres: Programmierer Nicky Case macht sein persönliches Coming Out darin spielbar.

 

Einige Videospiele werden immer offener und scheren sich zum Glück keinen Deut mehr darum, ob ihre Protagonisten nun hetero-, homo- oder bisexuell sind. So ist es beispielsweise in der Lebenssimulation „Die Sims“ möglich, Beziehungen mit gleichgeschlechtlichen Spielfiguren einzugehen, in „Mass Effect“ kann es der Laserkanonenschwingende Commander Shepard mit dem halben Universum – egal ob männlich oder weiblich – treiben und in „Dragon Age“ werden nicht nur Orks geköpft, sondern auch Körperflüssigkeiten mit wem man möchte geteilt. Das Interessante ist dabei, dass diese Spiele keine Independent-Titel mit überschaubarer Fanbase, sondern millionenschwere Triple-AAA-Games sind, die von Spielern auf der ganzen Welt gezockt und geliebt werden.

 

Denn dass Homosexualität so normal wie das tägliche Wechseln der Unterhose ist, muss an dieser Stelle eigentlich nicht extra betont werden. Die Möglichkeit in Spielen, die Entscheidungen in Liebesangelegenheiten simulieren, zwischen Männlein oder Weiblein zu wählen, sollte da ebenfalls selbstverständlich sein. Das scheint jedoch noch nicht bei allen angekommen zu sein, weshalb der Game-Designer Nicky Case das kostenlose Browser-Game „Coming Out Simulator 2014“ veröffentlicht hat. Ein Spiel, das sich mit dem persönlichen Coming Out des Programmierers beschäftigt und – wenn man sich denn darauf einlässt – dabei durchaus berühren kann.

 

Das Spiel ist im Endeffekt ein minimalistisches Grafik-Adventure, das dem Spieler die Möglichkeit gibt, sich in Dialogen für Aussagen zu entscheiden. Wir schlüpfen in die Rolle von Nicky, einem Jugendlichen, der Hemmungen hat, mit seiner Homosexualität an seine Eltern heranzutreten. So diskutieren wir in einer der ersten Spielszenen mit unserem festen Freund Jack per SMS darüber, ob wir denn den Mut aufbringen sollten, vor Mama und Papa endlich mit der Sprache herauszurücken. Laut Aussage des Programmierers basieren Teile der Gespräche auf tatsächlichen Äußerungen, mit denen er im Rahmen seines Coming Outs konfrontiert wurde. Dies im Hinterkopf kann man sich leicht in die Rolle des Nickys hineinversetzen und so die komplette Gefühlsspanne von Wut bis Belustigung in Anbetracht der Klischees und Vorurteile durchlaufen, mit denen man im Laufe des Spiels konfrontiert wird.

 

Es dauert keine dreißig Minuten bis die Credits auf dem Bildschirm erscheinen und der Spieler, egal mit welchem Hintergrund, anfängt, sich die richtigen Gedanken zu machen. Eine spannende Perspektive auf ein Thema, das Menschen mit einem gewissen Fünkchen von Empathie nicht kalt zurück lassen wird. So gut und wichtig können simple Videospiele mittlerweile sein!

 

Hier geht’s zum „Coming Out Simulator 2014

2 Comments

  1. Hört sich ganz interessant an. Aber wann kommt endlich der Lebenssimulator?

1 Trackbacks & Pingbacks

  1. 2014 – Der große Jahresrückblick – like it is '93 // das Popkultur-Magazin

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